Spektakuläre Winterlandschaften im Süden Brasiliens

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Datum: 23. Juli 2013
Uhrzeit: 19:14 Uhr
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Autor: Dietmar Lang
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Zugeschneite Straßen, Schneemänner, spektakuläre Winterlandschaften: Bilder und Meldungen über den dramatischen Wintereinbruch im Süden Brasiliens waren am Dienstag (23.) in den betroffenen Regionen das absolute Top-Thema. Fast minütlich konnte man bereits in der Nacht in den sozialen Netzwerken darüber lesen, wo sich gerade die weisse Pracht ausbreitete. Die Wetterdienste baten wiederholt um die Einsendung von Fotos und selbst offizielle Stellen wie Stadtverwaltungen und Provinzregierungen liessen es sich nehmen, das Wetterphänomen journalistisch und touristisch aufzubereiten.

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Zudem konnte man im Rahmen der ungewöhlich starken Kältewelle noch einiges lernen. Denn die Menschen, die klimatisch gesehen in den Subtropen heimisch sind, haben wenige Erfahrung mit Schnee und Eis. Und da wurde aus einem Graupelschauer oder Eisregen schon schnell einmal ein Schneesturm. Auch bei den Tiefsttemperaturen wurde gerne einmal übertrieben oder die bekanntermassen nicht immer ganz richtigen Werte der in der Stadt aufgestellten Reklametafeln für bare Münze genommen. Denn die offiziellen Wetterstationen meldeten in der Regel noch Plusgrade, wenn die Digitalanzeigen schon ein fettes Minus davor anzeigten.

Dass es jedoch in weiten Regionen sogar Frost in den obersten Bodenschichten gab, ist nunmehr unbestritten. Denn vielerorts blieb die meist nur wenige Zentimeter betragende Schneedecke tatsächlich stundenlang liegen und wurde erst durch die ersten Sonnenstrahlen vertrieben. Und wo genügend Material da war, bauten die Brasilianer flugs ihren vielleicht ersten Schneemann ihres Lebens. Oder sie ritzten das Datum auf die Heckscheibe ihres Autos um das dann gemachte Foto gleich mit der Welt auf Facebook, Twitter oder Instagram zu teilen.

Und bei über 100 Städten in drei Bundesstaaten, die am Montag und Dienstag von Schneeschauern heimgesucht wurden, kam dann auch allerhand zusammen. Ausgelöst wurde der massivste Wintereinbruch seit mehreren Jahrzehnten durch ein gewaltige polare Kaltfront, die von der Antarktis kommend zunächst über Argentinien und Uruguay hinweg gezogen war und schliesslich mit Rio Grande do Sul den südlichsten brasilianischen Bundesstaat erreichte. Vom Atlantik strömte zudem weitere feuchte Luft hinzu, so dass sich die notwendigen Wolken bilden konnten. Wo noch warme Luft in höheren Regionen vorhanden war, wie beispielsweise im Westen des Bundesstaates Paraná, mussten sich die Menschen mit Graupelschauern zufrieden geben.

Doch wo sich die eisige Luft komplett ausbreiten konnte, da fanden sich ideale Bedingungen für teilweise intensive Schneeschauer. Die waren vor allem im Bundesstaat Santa Catarina so stark, dass in den Höhenlagen mehrere Straßen komplett für den Verkehr gesperrt werden mussten. Denn verständlicherweise sind die Autofahrer in Brasilien kaum solche Straßenbedingungen gewöhnt, noch haben sie die die notwendigen Winterreifen dafür. Trotz allem ereigneten sich mehrere Unfälle, auch Todesopfer waren aufgrund der widrigen Wetterbedingungen zu beklagen.

Auch mussten die Bewohner mancher Ortschaften die Erfahrung machen, dass Schnee ziemlich schwer sein kann. Denn anders als Regen läuft er nicht direkt ab und drückt damit kräftig auf die dafür nicht ausgelegten Dachkonstruktionen. In Guarapuava westlich von Curitiba krachten dann auch das Dach eines Geschäftes und einer Sporthalle in sich zusammen, verletzt wurde glücklicherweise niemand.

StepMap-Karte StepMap

Doch am eindrücklichsten dürften die vielen Bilder sein, die sich mit einiger Sicherheit in die Köpfe der lokalen Bevölkerung gebrannt haben. Mit Puderzucker überzogene Wiesen, Felder, Spielplätze und Häuser. Sich eine Schneeballschlacht liefernde Kinderschar. Dicke Vermummte Gestalten, die noch in den Nachtstunden durch das Schneetreiben im Schein der Straßenlaternen laufen.

Der Wintereinbruch war so massiv, dass es nicht nur in den bis zu über 1.000 Meter hohen Gebirgszügen sondern auch in den Küstenregionen schneite. Dort blieb er freilich nicht liegen, doch fangen konnte man schon die ein oder andere Schneeflocke. Beispielsweise im beliebten Ferienort Florianópolis. Dort bot sich ein ganz besonderes Bild, dass ein klein wenig an die Alpen erinnerte. Hinter der Skyline der Hauptstadt des Bundesstaates Santa Catarina türmten sich einige kleinere Berge der Serra do Tabuleiro auf, die am Morgen wie von Zuckerguß überzogen schienen.

schnee-468-2Die Menschen in Florianópolis blicken auf die schneebedeckte Serra do Tabuleiro/ut]

Doch was die einen als ganz großes Winterspektakel betrachten, ist für andere ein nicht enden wollender Alptraum. Vor allem die arme Bevölkerung und die Landwirte sind die Leidtragenden des Wetterphänomens. Den einen fehlen warme Decken, dicke Kleidung oder Heizgeräte in den unterkühlten Häusern, den anderen droht durch den Frost der totale Ernteverlust. Vor allem Zitrusfrüchte und Gemüse dürften weiteren Frost nicht überleben. Beide Gruppen dürften daher mit bangen Blick auf die kommenden Nächte blicken.

Und da soll es laut den Meteorologen erneut Minusgrade geben. Bis zum Freitag dürfte es damit im Süden Brasiliens bitterkalt bleiben, Temperaturen von bis zu -7°C werden prognostiziert. Das ist so kalt, dass dies selbst in den Amazonasstaaten Rondônia und Acre zu spüren sein soll. Erst am Wochenende soll sich die aus Norden heranströmende Warmluft wieder ihren Platz zurück erkämpfen und dem Süden Brasiliens wieder milde Nächte mit zweistelligen Temperaturen bescheren.

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