Kassab vor dem Wahlkampf: 80 Einweihungen in 90 Tagen

Datum: 07. Januar 2008
Uhrzeit: 23:03 Uhr
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Autor: Dietmar Lang
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gilbertokassab-saopaulo.jpgWill Gilberto Kassab als Bürgermeister von São Paulo wirklich wiedergewählt werden? Der Mann, der zuerst mit dem Verbot von Werbeplakaten, dann mit dem Abriss des alten Viertels Crackolândia und zuletzt mit Enteignungsplänen zum Ausbau des Flughafens Congonhas auf sich aufmerksam machte, vollzieht in den ersten Monaten des Jahres 2008 einen wahren Marathon durch seine Gemeinde.

Insgesamt 80 Einweihungen oder Grundsteinlegungen stehen bis Ende März auf dem Terminkalender des 47-jährigen Politikers. Darunter Neueröffnungen von 57 medizinische Einrichtungen und sieben Bildungszentren, neu gebaute Abwasserkanäle, Brückenerneuerungen, Urbanisierungen von Favelas und Einweihungen von sog. „Casa Populares“ [kleine Einfamilienhäuser für einkommensschwache Familien].

Denn Kassab hat im Bürgermeisterwahlkampf mit schweren Konkurrenten zu kämpfen. Neben Präsidentschaftkandidat Geraldo Alckmin will sich auch die Tourismusminsterin Marta Suplicy um den Job bei den Einwohnern bewerben.

Hauptsache Präsenz zeigen bei den Bürgern, dies schein Kassabs Konzept zu sein. Denn laut den letzten Meinungsumfragen liegt Alckmin mit Suplicy gleichauf auf dem ersten Platz. 26 bis 30 Prozent der Stimmen können die beiden jeweils auf sich vereinigen, Kassab ist mit weniger als 20 Prozent derzeit weit abgeschlagen.

Ob es überhaupt zu einer Kandidatur Kassabs kommt, liegt an den Umfragewerten. Denn Alckmin ist zwar als Mitglied der PSDB prinzipiell in einer anderen Partei, doch Kassabs Partei, die DEM tritt bei der Bürgermeisterwahl gemeinsam mit der PSDB an – als PSDB-DEM. Wobei die DEM schon mit einer Aulösung der Allinaz gedroht hat. Alles klar? Wenn nicht, es ist ehrlich gesagt auch nicht unbedingt wichtig.

Aber wenn Kassab bis März keine 30 Prozent in den Umfragen bekommt – und das ist anscheinend wirklich wichtig – sieht es schwer aus mit einer Kandidatur. Dann wird wohl Alckmin für die Koalition ins Rennen gehen, abermals gegen die gegen ihn siegreiche Arbeiterpartei PT, der auch Staatspräsident Luiz Inácio Lula da Silva angehört und die vermutlich Suplicy ins Rennen schicken wird. Gewählt wird übrigens im Oktober 2008.

alckmin-suplicy.jpgFür den unbedarften Leser mag dies nun alles ein wenig verwirrend klingen. Ein unterlegender farbloser Präsidentschaftkandidat (mit dünnem Haar) bewirbt sich neben einer Regierungsvertreterin mit peinlichen Ausrutschern („Relaxar e gozar“ [Entspannen und Geniessen] so ihre Aussage an die Angehörigen der Opfer kurz nach dem verherrenden Flugzeugabsturz mit 199 Toten in São Paulo) um das Bürgermeisteramt einer Stadt.

Und beide kämpfen dabei gegen einen medienpräsenten und immer häufiger populistischen Amtsinhaber, der gerne mal Demonstranten übelst beschimpft und handgreiflich wird und von dem mit Sicherheit nicht viel mehr in Erinnerung bleiben wird, als dass Kinder in der Schule nun Flaggenparade abhalten und die Nationalhymne singen müssen, Marktschreier nicht mehr schreien dürfen und die sexy überlebensgrossen Models an den Hochhauswänden abmontiert wurden.

Und damit herzlich Willkommen in der brasilianischen Politik! Über die Zukunft der Millionenmetropole will ich mir ehrlich gesagt noch keine Gedanken machen. Zumal ich glücklicherweise weit weg wohne!

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