Freizeitunterhaltung mit dem traditionellen brasilianischen Kartenspiel Truco

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In der brasilianischen Spielvariante Truco Mineiro gehört das Asspik zu den vier höchsten Karten. (Foto: Pxfuel / CC0)
Datum: 27. März 2020
Uhrzeit: 09:39 Uhr
Ressorts: Kultur & Medien
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Autor: Dietmar Lang
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In der heutigen vernetzten und digitalisierten Welt verlieren traditionelle Unterhaltungsmedien wie Brett- und Kartenspiele in der Gesellschaft an Bedeutung, während das Internet mit seiner grenzenlosen Vielfalt an Unterhaltungsmöglichkeiten an deren Stelle tritt. In Brasilien sind mit der technischen Entwicklung sogar bereits gänzlich neue Spiele entstanden, wie etwa der Elektroniksport des Notebook- und Handy-Weitwurfs, der sich die Technologien von heute auf völlig andere Art zunutze macht. Ein traditionelleres Spiel, das tief in der Kultur Brasiliens verankert ist und auch heute noch gerne gespielt wird, ist das Kartenspiel Truco. Das ursprünglich aus Spanien stammende Spiel ist besonders unter Studenten beliebt und sorgt jedes Mal für eine laute und mitreißende Euphorie.

Was ist Truco?

Das Kartenspiel Truco stammt aus den Balearischen Inseln und aus dem spanischen Valencia. Es handelt sich dabei um eine Abwandlung des Kartenspiels Truc, in dem es darum geht, Stiche zu ergattern. Heute wird es in erster Linie in Südamerika und Italien gespielt. In Brasilien gehört Truco zweifelsohne zu den beliebtesten und bekanntesten Kartenspielen des Landes. Wie es mit Karten- und Gesellschaftsspielen so üblich ist, hat auch Truco sich mit der Zeit in den verschiedenen Regionen mit unterschiedlichen Regeln und Spielweisen etabliert, sodass es heute viele abgewandelte Versionen des Klassikers auf dem ganzen südamerikanischen Kontinent gibt. So ist das Kartenspiel auch in Argentinien, Uruguay, Venezuela und Chile ein häufig gesehener Zeitvertreib.

Ebenso lassen sich heute innerhalb von Brasilien diverse Varianten des Spiels finden, manche gleichen der Spielweise des ursprünglichen Trucos der Spanier, während auch neue Spielarten entwickelt wurden, die mit dem Original nur noch wenig gemein haben. Grundsätzlich wird das Kartenspiel gerne als Zeitvertreib für Studenten gesehen. So hat sich das Bild einer Gruppe an Freunden an der Universität, die gemeinsam Truco spielen, bereits zu einem Stereotyp der Collegestudenten entwickelt. Als eigene Disziplin der sogenannten Jogos Universitários, regelmäßig in den Universitäten Brasiliens stattfindenden „Olympischen Spielen“, hat sich das Kartenspiel Truco inzwischen tief in der Kultur der Brasilianer eingenistet. In Deutschland gestaltet es sich schwer, das traditionelle Kartenspiel aus Südamerika anzutreffen. Während brasilianische Freundesgruppen sicherlich immer zu einer Runde des unterhaltsamen Spiels bereits sind, kann man hierzulande auch bei Meetup-Gruppen für Gesellschaftsspiele selbst das Kartenspiel mit Regeln mitbringen und so etwas brasilianische Kultur in den Spieleabend zaubern. Zu jeder Zeit lässt sich das Spiel Truco zudem per App auch auf dem Smartphone spielen.

Die Spielregeln

Das Kartenspiel lässt sich im ganzen Land verteilt mit unterschiedlichen Regeln und Spielweisen finden. Eines haben sie jedoch alle gemeinsam: Es handelt sich um ein lautes und belebtes Kartenspiel, in dem die Teilnehmer viel rufen, schreien und lachen. In Brasilien lassen sich in erster Linie die beiden Varianten Truco Paulista und Truco Mineiro finden. Ersteres wird besonders in São Paulo gespielt, während letzteres in Minas Gerais verbreitet ist. Anders als bei der original spanischen Version werden diese Varianten des Spiels mit einem französischen Kartendeck gespielt. Eine dritte Spielart in Brasilien ist zudem das Truco Gaucho, das dem argentinischen Truco sehr ähnelt und mit einem spanischen Deck gespielt wird. Nachfolgend sollen jedoch die ersten Varianten vorgestellt werden.

Truco Paulista und Truco Mineiro werden mit vier Personen in zwei definierten Teams mit einem französischen Deck mit in der Regel 40 Karten gespielt, aus dem die Achter, Neuner und Zehner entnommen wurden. Ziel des Spiels ist es, durch das Gewinnen von Stichen zwölf Punkte, bzw. tentos, zu erreichen, um als Siegerteam hervorzugehen. Die vier stärksten Karten werden manilhas genannt, im Truco Mineiro sind diese als Vierkreuz, Siebenherz, Pikass und Siebenkaro definiert, während die Topkarten im Truco Paulista durch das Aufdecken einer Karte zu Beginn des Spiels jedes Mal neu definiert werden. Der Dealer mischt die Karten mit der Bogenmisch-Methode, der Spieler zu seiner Linken darf bis zu dreimal abheben. Der Spieler zur Rechten des Dealers, genannt mão, bekommt drei Karten und darf sie entweder behalten, an seinen Partner abgeben oder ganz ablehnen. Behält er das Deck, erhalten alle Spieler drei Karten. Der mão leitet dann den ersten Stich ein, alle vier Spieler legen eine Karte nach Belieben ab, wobei das Team, das die höchste Karte legt, den Stich gewinnt. Sobald drei Stiche gespielt wurden, erhält das Team mit den meisten Stichen einen Punkt bzw. ein tentos.

Während dies den grundlegenden Spielverlauf festlegt, sind es die zusätzlichen Regeln des Trucos, die das Spiel so spannend machen. So kann ein Spieler, der dann trucador genannt wird, die Einsätze erhöhen, indem er laut „Truco“ ruft. Die Gegner können hier entweder mitgehen, aufgeben oder weiter erhöhen. Mit einem Truco wird in São Paulo jeweils um drei tentos erhöht, wenn die Gegner weiter erhöhen geht es um sechs tentos, woraufhin der trucador um weitere drei auf neun tentos erhöhen kann. Der höchste Einsatz sind zwölf tentos, auch queda genannt, da dies die Punktzahl ist, mit der das gesamte Spiel gewonnen wird. In diesen Situationen kommt es dazu, dass Spieler gerne auch lautstark gestikulieren, um ihren Teampartner über die Stärke ihrer Hand in Kenntnis zu setzen. Zwar darf nicht wörtlich mitgeteilt werden, wie es um die eigenen Karten steht, doch anhand von Gesten, Mimik und indirekten Worten wird miteinander kommuniziert, um zu entscheiden, ob ein Team mit der gegnerischen Einsatzerhöhung mitgehen soll oder nicht. Sowohl Truco Mineiro als auch Truco Paulista bieten eine ganze Reihe an Sonderregeln bzw. Abwandlungen, die je nach Spieler und Region Anwendung finden.

Truco und andere Kartenspiele

Truco ist ein temperamentvolles Spiel. Von außen betrachtet könnten Zuschauer vermuten, die Gruppe an Spielern würde sich lauthals streiten, dabei handelt es sich lediglich um ein belebtes Kartenspiel. Während es in anderen Games als Schummeln gelten würde, sich über Gesten und mit Worten seinem Partner mitzuteilen, ist dies ein integraler Teil von Truco, der das Spiel so besonders unterhaltsam macht. Lauthals wird hier versucht, sich mit seinem Partner auszutauschen, zu bluffen und seine Gegner einzuschüchtern. Mit Blick auf das Erhöhen der Einsätze und der Möglichkeit, mitzugehen, weiter zu erhöhen oder auszusteigen, erinnert Truco an das Kartenspiel Poker. Auch hier haben Spieler mit Call, Raise und Fold die Möglichkeit dazu. Zudem ist Bluffen, das auch in Truco von Bedeutung ist, ein ganz besonders wichtiger Aspekt im Poker, sodass zu dieser Strategie bereits viele Bücher geschrieben wurden. Anders als bei Truco geht es am Pokertisch jedoch stets leise, konzentriert und gediegen zu, da jegliche Art der Kommunikation über das eigene Blatt durch absolute Pokerfaces unterbunden wird.

Beim Truco kommt eine ganz besondere und strikt festgelegte Art des Kartenmischens zum Einsatz. So ist es lediglich erlaubt, das Deck einmal mit der Bogenmisch-Methode zu mischen, während der Spieler zu seiner Linken bis zu dreimal abheben, jedoch jedes Mal das Deck nur in zwei Stapel teilen darf. Damit unterscheidet sich Truco von dem beliebten Casinospiel Blackjack. Das Kartenspiel wird im Casino häufig mit einem sogenannten Kartenschlitten gespielt, das normalerweise vier, sechs oder acht Kartendecks enthält und die Karten elektronisch mischt. Bei Single- oder Double-Deck-Spielen, in denen der Dealer die Karten per Hand austeilt, wird die sogenannte Mischmethode „Wash and Strip Shuffle“ verwendet bevor er die Karten ausgibt. Ziel im Blackjack ist es, 21 Punkte zu erreichen und den Dealer zu schlagen. Dabei wird also nicht wie im Truco gegen andere Spieler gespielt. Der Spieler erhält zwei Karten und muss ebenfalls wie im Truco entscheiden, was er mit den Karten machen möchte. So kann er halten, eine weitere Karte ziehen, aufgeben, verdoppeln oder teilen. Im Truco kann der Spieler ebenfalls halten, um mit der Hand weiterzuspielen, aufgeben oder die Hand an den Partner weitergeben. Sowohl im Truco als auch beim Blackjack ist es wichtig, aufmerksam zu bleiben und die Karten stets im Blick zu behalten, um sich über die Chancen auf einen Gewinn bestmöglich im Klaren zu sein und entsprechend zu handeln.

Truco ist ein Kartenspiel, das in Brasilien besonders beliebt ist und auch heute noch gerne gespielt wird. Anders als bei den bekannten Kartenspielen Blackjack und Poker, geht es beim Truco in der Regel besonders laut und temperamentvoll zu, was das Spiel einzigartig und äußerst unterhaltsam macht.

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