Erdrutsche in Rio de Janeiro fordern vermutlich über 150 Menschenleben

rio-erdrutsch-normal

Datum: 07. April 2010
Uhrzeit: 13:00 Uhr
Ressorts: Panorama
Leserecho: 0 Kommentare
Autor: Dietmar Lang
Sprachkurs Portugiesisch (Brasilianisch)

Nur langsam fliesst das Wasser in Rio de Janeiro in Brasilien ab. Nach den schlimmsten Regenfällen der letzten 44 Jahre sind weite Teile der Millionenmetropole und des Umlandes weiter überschwemmt, das öffentliche Leben ist weiter stark beeinträchtigt. Mindestens 113 Menschenleben kostete nach letzten Angaben der Rettungsdienste die Naturkatastrophe, die ab Montagabend 20 Uhr Ortszeit einen unaufhörlichen und sintflutartigen Regen auf die „Cidade maravilhosa“ herunterprasseln liess und zahlreiche Erdrutsche auslöste. Dutzende Häuser wurden unter Schlamm- und Geröll-Lawinen begraben, Tausende Menschen in Risikozonen mussten ihre Häuser verlassen.

54 Menschen sind alleine in Niteroí auf der anderen Seite der Guanabara-Bucht ums Leben gekommen, darunter auch viele Kinder. Zudem sind Opfer in den anliegenden Gemeinden São Gonçalo (12), Nilópolis (1), Petrópolis (1), Magé (1) und Engenheiro Paulo de Frontin (1) zu beklagen. In der Stadt Rio de Janeiro selbst wird die Zahl der Todesopfer mit 43 angegeben. Rund 100 Personen werden zudem im gesamten Bundesstaat noch vermisst.

Auch am Mittwoch blieben sämtliche öffentlichen Schulen in den Katastrophengebieten geschlossen, die Bewohner rund um die Guanabarabucht wurden aufgefordert, nur in Notfällen auf die Strasse zu gehen. Viele Tunnel, Zufahrtswege und Schnellstrassen sind weiterhin überflutet oder gesperrt. In den Armenvierteln, die besonders von den Erdrutschen betroffen sind, suchten die Menschen am Mittwoch teilweise mit blossen Händen nach Überlebenden in den Schlammmassen, welche die steilen Abhänge mit brachialer Gewalt herunterrutschten und die einfachen oft aus Holz gebauten Häuschen gnadenlos mitrissen.

Der Sachschaden geht in die Millionen, Kritiker machen eine jahrzehntelange falsche Siedlungspolitik für die extremen Auswirkungen der starken Regenfälle verantwortlich. Rio de Janeiro selbst ist in eine Hügelkette „eingebaut“, peitschende Winde vom Meer und die Gezeiten verhinderten zunächst ein schnelles Abfliessen des Wassern an der Küste. Im eher flachen Hinterland ist jedoch die vollständige Bebauung der Region schuld an dem Desaster. Hier fehlen ausreichend dimensionierte Abwasserkanäle, zudem sind viele Entsorgungsleitungen durch Müll und anderen Unrat verstopft, der nun durch die Strassen treibt und für weitere Gefahren sorgt. Sollte die schlammige und durch Abwässer und Fäkalien verunreinigte Brühe nicht schnellstens ablaufen, drohen den Bewohnern schlimme Erkrankungen.

Die Bilder im brasilianischen Fernsehen zeigen in endlosen Wiederholungen das ganze Ausmass der Katastrophe. Auch wenn sich im Laufe des Mittwochs blaue Lücken in der Wolkendecke zeigten und sogar kurz die Sonne hervorkam, die Meteorologen warnen vor weiteren starken Regenfällen. Erst ab Freitag soll sich die Situation normalisieren. Die Infrastruktur in der Metropole unter dem Zuckerhut wird jedoch noch lange beeinträchtigt sein. Einige Schnellstrassen sind unterspült oder weisen riesige Krater auf, Bürgermeister Eduardo Paes hat bereits angekündigt, dass viele Schäden „keinesfalls in 14 Tagen zu beseitigen seien“.

Foto: Rede Globo

© 2005 - 2024 brasilien Magazin. Alle Rechte vorbehalten. Sämtliche Inhalte dieser Webseite sind urheberrechtlich geschützt. Vervielfältigung und Verbreitung nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung von IAP gestattet. Namentlich gekennzeichnete Artikel und Leser- berichte geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Für Einsendungen und Rückmeldungen bitte das Kontaktformular verwenden.

Kommentarbereich

Hinweis: Dieser Kommentarbereich ist moderiert. Leser haben hier die Möglichkeit, Ihre Meinung zum entsprechenden Artikel abzugeben. Dieser Bereich ist nicht dafür gedacht, andere Personen zu beschimpfen oder zu beleidigen, seiner Wut Ausdruck zu verleihen oder ausschliesslich Links zu Videos, Sozialen Netzwerken und anderen Nachrichtenquellen zu posten. In solchen Fällen behalten wir uns das Recht vor, den Kommentar zu moderieren, zu löschen oder ggf. erst gar nicht zu veröffentlichen.