Kommunalwahl 2008: Wählst du BinLaden, Oma oder Kakerlake?

Datum: 27. September 2008
Uhrzeit: 19:11 Uhr
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Autor: Dietmar Lang
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bin ladenAm 05. Oktober 2008 finden in Brasilien Kommunalwahlen statt. In sämtlichen Gemeinden des Landes werden dann die Bürgermeister und Stadtverordneten neu gewählt. Insgesamt 375.000 Personen haben sich in die Kandidatenlisten eingetragen und viele Namen sind denkbar ähnlich oder unterscheiden sich nur im zweiten Nachnamen. In Brasilien ist es daher überall notwendig, die Namen der Eltern mit anzugeben, damit eine Person auch richtig „identifiziert“ werden kann. Und dies ist natürlich bei einer Wahl denkbar kompliziert, wo der Kandidat einfach und schnell vom Wähler wiedererkannt werden muss.

Was also tun, wenn es 10 x João gibt, 15 x José und 30 x Maria? Und viele mit Nachnamen da Silva oder Santos heissen? Richtig, wir verpassen jedem einen Spitznamen mit hoffentlich hohem Wiedererkennungswert. Und dieser Spitzname wie z.B. „Bin Laden“, „Oma“ oder „Kakerlake“ wird am Ende gewählt, den richtigen und vollständigen Namen des Kandidaten kennt kaum jemand.

Und damit der Effekt auch besonders wirksam ist, je ausgefallener, desto besser. Der Fantasie sind kaum Grenzen gesetzt, die nationale Wahlbehörde lässt ziemlich viel durchgehen. Nur wenn es zu vulgär oder zu extravangant wird, dann wird von oberster Stelle eingegriffen. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass die Kandidaten mit dem Trend der Zeit gehen und sich z.B. als Bin Laden registrieren lassen. Ganze sechs tragen an der Urne den Namen des wohl meistgesuchten Terroristen der Erde. Und zwei haben sich als Barack Obama registriert.

Spitzenreiter bei den Sitznamen sind jedoch professor und professora (Lehrer/Lehrerin) mit über 10.000 Kandidaten im ganzen Land. Auf dem zweiten Platz folgt mit 8.500 Kandidaten dann schon , ein beliebter Spitzname auch ausserhalb des Wahlkampfes. Aber auf militärische Dienstgrade wie Sargento (650), Leutnant und Unterleutnant (rund 160) findet man in den Listen.

Verboten sind aber Bezeichnungen, die den Namen grosser Firmen beinhalten, wie José dos Correios (wobei Correios der Name der brasilianischen Post ist) oder João da Petrobras (Brasilien Energiemulti). Politikernamen hingegen stossen auf keinen Widerstand. So haben sich mehr als 170 Kandidaten als Lula registrieren lassen, als Vereador, also Abgeordneter sind es immerhin noch 70 Fälle.

Im Sport führt, wie sollte es anders sein, Pelé oder Pelezinho (zusammen 170), der kleine Pelé. Aber auch Zico (ca. 100) ist zu finden, Zagallo, Dunga (jeweils 10) oder aus dem internationalen Sport Zidane oder Tyson (etwa 40).

wahl 2008Wer über die religiöse Schiene zum Erfolg kommen will, der hat sich natürlich Pastor oder Pastora gesichert. Über 1.900 sind es in den Listen, hinzu kommen noch 65 Bispos (Bischöfe) und 130 Padres (Pfarrer).

Lustig wird es bei den Künstlernamen oder Figuren aus der Medienwelt. Von Faustão, einem berühmten Moderator einer grossen Unterhaltungsshow und so etwas wie der Gottschalk im brasilianischen Fernsehen gibt es im Wahlkampf gleich ein ganzes Dutzend, TV-Star Xuxa ist auch 30 mal vertreten und selbst 15 Pinóquios findet man in der Datenbank.

Bei Tia oder Tiazinha (Tante/Tantchen) sind mehr als 500 registriert, von der männlichen Variante Tio und Tiozinho gibt rund 300. Aber auch Mãe (Mama), und (Oma und Opa) findet man in zweistelliger Anzahl.

Wer meint, ausgefallener geht es nicht, der irrt. Lebensmittel wie Feijão (Bohnen), Arroz (Reis) und Macarrão (Nudeln) sind genauso an der Urne anzutreffen wie Insekten: Barata (Kakerlake), Mosquito (Moskito) und Albelha (Biene) um nur einige Beispiele zu nennen. Aber selbst einen Esel (Burro), einen Ochsen (Boi) oder eine Kuh (Vaca) kann man in den Stadtrat einiger brasilianischer Gemeinden wählen. Der Fantasie scheinen also keine Grenzen gesetzt.

Wer auf Nummer sicher gehen will, der wählt den Kandidaten mit dem Spitznamen Ganhador – denn das heisst bekanntlich Gewinner!

Grafik/Fotomontage: Divulgação / brasilien Magazin / g1.globo.com

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