Überbelegungen, Revolten und Ausbrüche gehören nahezu zum Alltag in vielen Haftanstalten Brasiliens. Jetzt belegt eine Studie vom Justizministerium die prekäre Situation des brasilianischen Strafvollzugs. Nach dieser sind über 607.731 Menschen inhaftiert, während es lediglich 376.669 Gefängnisplätze für sie gibt.
Mit über 600.000 Einsitzenden steht Brasilien hinter den USA, China und Russland weltweit an vierter Stelle. Während in den drei ersten Ländern der Rangliste die Zahl der Inhaftierten seit Jahren abnehmend ist, steigt sie in Brasilien. Zwischen 2000 und 2014 ist sie in dem südamerikanischen Land sogar um 161 Prozent angewachsen. Wird der Rhythmus beibehalten, wird 2075 einer von zehn Brasilianern hinter Gittern sein.
Allein im ersten Halbjahr 2014 sind 155.821 neue Insassen hinzu gekommen, während gleichzeitig lediglich 118.282 die Strafvollzugsanstalten verlassen haben. Auf 75 Menschen, welche die Gefängnisse entlassen, kommen somit 100 neue Häftlinge.
Nicht jeder, der hinter schwedischen Gardinen sitzt, ist allerdings verurteilt. Laut der Studie sind sogar 41 Prozent im Strafvollzug ohne verurteilt zu sein. Dazu trägt unter anderem das extrem langsame Justizsystem des Landes bei. Zwischen Verhaftung und einer Verurteilung können dabei bis zu mehrere Jahre vergehen.
Ein weiterer Fakt, der Aufmerksamkeit verdient, ist die Tatsache, dass zwei Drittel der Häftlinge Schwarze sind, während ihr Anteil bei der Bevölkerung nur 51 Prozent beträgt. Darüber hinaus befinden sich vor allem junge Menschen hinter Gitter. Etwa 31 Prozent sind zwischen 18 und 24 Jahre alt und 25 Prozent zwischen 25 und 29 Jahre. Mit 53 Prozent haben die meisten nicht einmal einen Basis-Schulabschluss, lediglich sieben Prozent können einen mittleren Schulabschluss vorweisen und nur zwei Prozent einen Hochschulabschluss.
Für die gefüllten Gefängnisse sorgt vor allem das in Brasilien verbreitete Drogenproblem. Von den Haftstrafen beziehen sich 27 Prozent auf den Drogenhandel und 21 Prozent auf Diebstähle, die oft mit dem Drogenkonsum einher gehen. Aufgrund von Mord oder Totschlag sitzen 14 Prozent ein.