In Brasilien sind in den ersten fünf Monaten des Jahres mehr Steuern hinterzogen worden, als bei den Korruptionsskandalen Gelder geflossenen sind. Schätzungsweise über 65 Milliarden Euro sind dem Fiskus 2015 bisher entgangen, wie es von der Gewerkschaft der Anwälte des Bundes-Finanzamtes Brasiliens (Sinprofaz) heißt. Die weist mit Aktionen und einem eigenen Sonegômetro auf das Problem hin. Ein solches ist beispielsweise in der Hauptstadt Brasília aufgestellt. Auf dieser Anzeigetafel ist in Echtzeit die aktuell geschätzte Summe der bisher hinterzogenen Steuern zu sehen.
Während Brasiliens Regierung unlängst Haushaltskürzungen für 2015 in Höhe von umgerechnet etwa 21 Milliarden Euro angekündigt hat, könnte mit den Steuerhinterziehungen weit mehr Geld in die öffentlichen Kassen einfließen. Allein 2014 sollen umgerechnet etwa 150 Milliarden Euro am Fiskus vorbei gelaufen. Die Ankündigung der Sparmaßnahmen hat bei den Mitarbeitern des Bundes-Finanzamtes deshalb auch eine Revolte ausgelöst. Statt den Rotstift anzusetzen fordern sie ein Umdenken und eine Stärkung der Behörde. Nach Angaben der Sinprofaz bringt jeder in die Finanzbehörde investierte Euro einen Rücklauf in 20-facher Höhe. Darüber hinaus konnte laut der Gewerkschaft in den vergangenen vier Jahren verhindert werden, dass etwa 300 Milliarden Euro am Staat vorbei gelaufen sind. Statt die Normalbürger verstärkt zur Kasse zu beten, sollte bei den Vermögenden angesetzt und ihnen besser auf die Finger geschaut werden, heißt es.
Beklagt wird ebenso, dass beispielsweise bei den komplexen Prozessen gegenüber großen Steuerschuldnern ein einziger Staatsanwalt der Finanzbehörde einem Heer von Top-Anwälten gegenüberstehe. Auch gelangen nach Angaben der Gewerkschaft etwa 80 Prozent der nicht abgeführten Steuern in die Geldwäsche. Wie stark der Staat durch die Machenschaften von Korruption, Schmiergeldern und Steuerhinterziehung geschädigt wird, verdeutlichen die bei den jüngsten Korruptionsskandalen genannten Zahlen. Bei dem Petrobras-Skandal wird von umgerechnet 700 Millionen Euro ausgegangen, bei der Operation Zelotes sind es sechs Milliarden Euro. Hinter Zelotes verbirgt sich ein Schema, bei dem die Steuerschulden in Millionenhöhe großer brasilianischer und auch internationaler Firmen gegen die Bezahlung von Schmiergeld erlassen oder erheblich gesenkt wurden.