Seit Langem wird in Brasilien über eine Herabsetzung der Strafmündigkeit von 18 auf 16 Jahren diskutiert. Nach einer Umfrage des Institutes Datafolha sind 87 Prozent der Bevölkerung für diesen Schritt. Ein Vorschlag zur entsprechenden Gesetzesänderung kursiert seit Jahren im Abgeordnetenhaus. In den kommenden drei Monaten soll nun über ihn abgestimmt werden.
Während nach der Datafolha-Umfrage die große Mehrheit der Bevölkerung dafür ist, dass künftig auch 16-Jährige wie erwachsene Straftäter behandelt werden sollen, sind die Politiker sich keineswegs einig. Von der Kommission für Justiz und Verfassung haben sich lediglich 14 der 27 Mitglieder für die Veränderung in Fällen wie Mord, Raubüberfall, Vergewaltigung oder Kidnapping ausgesprochen und den Vorschlag zur Debatte und Abstimmung im Repräsentantenhaus freigegeben.
Kritik gibt es indes von den Sozialverbänden, da mit einer Herabsetzung der Strafmündigkeit auch 16-Jährige ihre Haft in den ohnehin schon überfüllten und prekären Gefängnissen verbüßen müssten. Sie argumentieren, dass eine Resozialisation auf diese Weise nicht möglich sei und die Jugendlichen dort erst zu Kriminellen erzogen würden.
Derzeit verbüßen minderjährige Straftäter in der Fundação Casa ihre Haft, einer Einrichtung, in welcher der Freiheitsentzug mit pädagogischen Maßnahmen gekoppelt ist, wie einer Schul- und Berufsausbildung. Allerdings liegt die maximale Verweildauer in der Erziehungsanstalt bei lediglich drei Jahren. Anstatt das Alter der Strafmündigkeit herabzusetzen, schlagen einige Politiker deshalb vor, die Verweildauer für schwere Verbrechen auf acht Jahre anzuheben.
Gegen eine volle Strafmündigkeit mit bereits 16 Jahren hat sich ebenso Präsidentin Dilma Rousseff ausgesprochen. Die Umfrage zeigt indes, dass lediglich elf Prozent der Bevölkerung dagegen sind. Die 87 Prozent der Befürworter ziehen sich indes durch alle Gesellschaftsschichten.
Über 56.000 Menschen sterben in Brasilien im Jahr einen gewaltsamen Tod. Einbrüche, Diebstähle und Überfälle sind in etlichen Städten des Landes an der Tagesordnung. Gleichzeitig kommt es bei lediglich fünf bis acht Prozent der Straftaten zu einem Prozess. Hinzu kommt die Meinung, dass viele Verbrechen ungeahndet blieben, weil sie von Jugendlichen begangen werden.