Noch immer sind in Brasilien Millionen Arbeitnehmer ohne jegliche Absicherung tätig. Ohne rechtlich bindenden Arbeitsvertrag gehen sie einer sogenannten informellen Tätigkeit nach und müssen dafür auf zahlreiche Rechte verzichten. Nach den Daten der Internationalen Arbeitsorganisation OIT sind in 24 Städten des südamerikanischen Landes knapp sieben Millionen Menschen informell beschäftigt.
Bis vor wenigen Jahren war die informelle Arbeit in Brasilien keineswegs eine Seltenheit. Umgangen werden damit die gesetzlichen Abgaben für Angestellte als auch das Kündigungsgesetz. Um den informellen Arbeiten entgegenzuwirken, wurde vor einigen Jahren der „Micro-Unternehmer“ eingeführt. Dieser geht zwar einer freiberuflichen Tätigkeit nach, zahlt muss jedoch einen geringen Beitrag in die Sozialkassen einzahlen, wodurch er unter anderem einen Rentenanspruch erwirbt sowie Ausgleichszahlungen im Krankheitsfall in Anspruch nehmen kann. Darüber hinaus muss er lediglich am vereinfachten Steuerverfahren teilnehmen. Mit dem Gesetz zum Micro-Unternehmer konnten nach den Daten der OIT zwischen 2010 und 2013 drei Millionen Arbeiter legalisiert werden.
Unter den Berufsgruppen, die nach wie vor von der informellen Tätigkeit betroffen sind, gehören die Hausangestellten, und dies obwohl sie per Gesetz längst unter Vertrag genommen werden müssen. Laut der nun vorgelegten Erhebung sind jedoch in 68 Prozent der brasilianischen Städte weniger als 25 Prozent der Haushaltshilfen offiziell angestellt. Betroffen ist vor allem der Norden und Nordosten Brasiliens.
Zutage gebracht hat die Studie ebenso ein Missverhältnis bei Arbeitnehmern mit Behinderungen. In über 30 Prozent der brasilianischen Munizipien gibt es keinen einzigen behinderten Arbeitnehmer mit formellen Arbeitsvertrag. Schlecht sieht es auch bei der Schulausbildung aus. Mehr als die Hälfte der Jugendlichen über 15 Jahren hat in über 80 Prozent der brasilianischen Städte und Gemeinden keinen Schulabschluss.
Man kann die Sozialgesetzgebung Europas so einfach auf brasilianische Verhältnisse, sogar auf südamerikanische Verhältnisse übertragen.
Es ist aber bedauerlich, dass man in dieser Hinsicht ziemlich weit hinten anhinkt. Ich kann nur hoffen, dass mit einer stärker werdenden Wirtschaft und Industrialisierung des Landes auch die Sozialgesetzgebung angepasst wird.