Staatspräsident Luiz Inácio Lula da Silva hat in Brasília bei der feierlichen Eröffnung der Ausschreibung für den geplanten Hochgeschwindigkeitszug im Südosten des Landes klare Worte für das milliardenschwere Projekt gefunden. Brasilien kenne seine Prioritäten in Sachen Infrastruktur und werde konkrete Maßnahmen ergreifen, um das Land für die Notwendigkeiten der kommenden Jahre vorzubereiten, besonders hinsichtlich der Weltmeisterschaft 2014 und der Olympiade 2016.
Der „Trem de Alta Velocidade“ (TAV), so die Bezeichnung in Brasilien für einen Hochgeschwindigkeitszug á la Transrapid, TGV oder Shinkansen, soll die beiden Metropolen Rio de Janeiro und São Paulo verbinden und von dort bis nach Campinas weitergeführt werden. Die am Dienstag eröffnete Ausschreibung endet laut dem Transportministerium mit der Vergabe am 16. Dezember 2010. Mehrere Minister sowie Repräsentanten aus sieben Staaten, die am Bau und der Ausrüstung des Projektes interessiert sind, wohnten der Veranstaltung bei. Staatspräsident Lula zeigte sich begeistert von den Ambitionen der Länder und den Konsorten und versicherte erneut, Brasilien sei bereit, diese und andere Arbeiten noch vor der Olympiade 2016 fertigzustellen.
Lula sprach auch die Kritiker an, die Brasilien weit hinter dem Zeitplan sehen und Kritik an der fehlenden Infrastruktur im Land äußern. „Sie haben gesehen wie die Weltmeisterschaft in Südafrika zu Ende ging und fangen jetzt an zu fragen ‚Was ist mit den brasilianischen Flughäfen? Was ist mit den brasilianischen Stadien? Was ist mit den Zugtrassen? Was ist mit den U-Bahnen?‘, als würden sie uns für ein Bande von Idioten halten, die diese Dinge nicht besser bewerkstelligen könnten und auch nicht besser unsere Prioritäten kennen würden“ redete sich das Staatsoberhaupt in Rage.
Brasilien erlebt laut Lula derzeit einen außergewöhnlichen Moment, in dem ein Übermaß an Arbeiten und einen Mangel an Fachkräften gibt. Als Beispiele für den Transportsektor zitierte er den beiden Bahnstrecken „Transnordestina“ und „Norte-Sul“, die jahrelang still standen, nun aber jetzt so voran kommen würden, „wie es sein sollte“. Der scheidende Staatschef erinnerte auch an die lange Zeit stillgelegten Industriebereiche für Schienen und Schwellen, die durch die neuerlichen Maßnahmen im Bereich des Schienenverkehrs zum Transport von Passagieren und Fracht wieder die Produktion hätten aufnehmen können. Dadurch sei es nun möglich, ein übergreifendes Verkehrsnetz auf der Strasse, der Schiene und zu Wasser aufzubauen, welches dem Land seit Jahrzehnten versprochen wurde.
Derweil wurden jedoch auch weitere Informationen über die geplante Schnellverbindung zwischen den beiden grössten Ballungsgebieten des Landes bekannt. Demnach sind insgesamt sieben Stationen fest eingeplant. Start ist im Zentrum von Rio de Janeiro mit einem ersten Halt kurze Zeit später am Flughafen Tom Jobim (Galeão). Ein Zwischenstopp erfolgt zudem in Aparecida (São Paulo) sowie am Flughafen Guarulhos in Campinas (São Paulo) und im Zentrum der Millionenmetropole. Danach fährt der TAV zum Flughafen Viracopos in Campinas weiter. Endstation ist dann im Zentrum von Campinas. Zudem könne der Gewinner der Ausschreibung die Einrichtung zweier weiterer Stationen prüfen, so Transportminister Paulo Sérgio Passos bei der Projektvorstellung.
Der Fahrpreis darf nach der Vorlage derzeit keinesfalls 0,49 Reais je Kilometer (ca. 22 Eurocent) in der Economy-Class übersteigen. Zur Realisierung des Projektes offeriert die brasilianische Regierung zudem eine Finanzierung in Höhe von 19 Milliarden Reais (ca. 8,4 Mrd. Euro) über die staatliche Entwicklungsbank BNDES. Bis zum 29. November müssen Interessenten nun ein entsprechendes Angebot einreichen, derzeit Konkurrieren Konsorten aus Japan, Südkorea, Italien, Frankreich, Deutschland, China und Spanien um den Auftrag zur Errichtung der ersten Hochgeschwindigkeitsstrecke in Brasilien.
Foto: Ricardo Stuckert/PR