Sturm verursacht gigantischen Stromausfall in Brasilien

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Datum: 11. November 2009
Uhrzeit: 12:36 Uhr
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Autor: Dietmar Lang
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blackout-normalMit hoher Wahrscheinlichkeit hat ein Sturm in der Nacht zum Mittwoch einen gigantischen Stromausfall in Brasilien verursacht. Die grossen Metropolen São Paulo und Rio de Janeiro lagen für bis zu 6 Stunden im Dunkeln. In ihrem Einzugsbereich leben rund 30 Millionen Menschen. Insgesamt waren nach letzten Meldungen über 1.000 Städte in 18 der 26 Bundesstaaten vornehmlich im Süden, Südosten und Mittelwesten vollständig oder teilweise von den Störungen betroffen. Aber auch im Nordosten des Landes gingen teilweise die Lichter aus. Noch in der Nacht konnte jedoch die Energieversorgung fast vollständig wiederhergestellt werden. Staatspräsident Luiz Inácio Lula da Silva hat am Mittwochmorgen eine Krisensitzung einberufen und rasche Aufklärung versprochen.

Die genaue Ursache für den „Blackout“ ist noch unklar. Betroffen waren ausschliesslich Städte und Gemeinden, die ihre Energie von dem im Südwesten Brasilien gelegenen Wasserkraftwerk Itaipu beziehen. Nach letzten Erkenntnissen sollen durch atmosphärische Störung fünf Verbindungen (zwei direkte Leitungen und drei Leitungen über diverse Umspannwerke) zwischen dem Kraftwerk und den Ballungsgebieten unterbrochen worden sein. Physische Schäden an den Hochspannungsleitungen seien nicht entstanden. Aufgrund des Vorfalls sei es dann zu einem Dominoeffekt mit den katastrophalen Konsequenzen gekommen, vermuteten Experten am Vormittag. Brasilien brauche dringend ein „intelligentes Netz“, damit sich solches in Zukunft nicht wiederhole.

Die vier Bundesstaaten São Paulo, Rio de Janeiro, Espirito Santo und Mato Grosso do Sul waren vollständig vom Ausfall betroffen. In weiteren 14 Bundesstaaten bis hoch in den mehrere tausend Kilometer entfernt gelegenen Norden und Nordosten Brasiliens kam es zu teilweisen Ausfällen: Minas Gerais, Mato Grosso, Goiás, Rio Grande do Sul, Santa Catarina, Paraná, Acre, Rondônia, Bahia, Sergipe, Paraíba, Alagoas, Pernambuco und Rio Grande do Norte. Die Hauptstadt Brasília, die erst vor kurzem aufgrund einer ähnlichen Panne im Dunkeln lag, blieb jedoch verschont.

Der Kraftwerksbetreiber Itaipu Binacional schloss eine Störung am Kraftwerk selbst kategorisch aus. 18 der 20 Turbinen laufen derzeit wieder ohne Beeinträchtigungen. Die Abschaltung sei aus Sicherheitsgründen notwendig gewesen und automatisch erfolgt, da die produzierte Energie nicht abgenommen wurde. Zu 99% sei ein Unwetter dafür verantwortlich gewesen, erklärte Kraftwerksleiter Jorge Miguel Samek. In fast ganz Paraguay fiel für rund 20 Minuten der Strom aus. Das kleine Land im Herzen Südamerikas wird zu über 90 Prozent von dem Kraftwerk mit Energie versorgt. Beide Länder betreiben die Anlage am Grenzfluss „Rio Paraná“ im Dreiländereck von Brasilien, Argentinien und Paraguay in Kooperation.

Chronologie der Ereignisse

itaipu-grafik22:13 Uhr: Alle 18 Generatoren laufen im Itaipu-Kraftwerk ohne Störungen, als plötzlich das Hochspannungsnetz unterbrochen wird. In der Region Cascavel sollen durch starke Winde bis zu 7 Masten gleichzeitig umgestürzt sein. Die automatische Sicherheitsabschaltung wird aktiv.
22:25 Uhr: Für Paraguay wird die Energieversorgung wieder hergestellt. Zuvor lagen rund 95 Prozent des Landes im Dunkeln.
00:00 Uhr: Die erste von mehreren gestörten Linien geht wieder ans Netz.
01:15 Uhr: Die zweite Linie arbeitet wieder.
03:15 Uhr: Die dritte Linie nimmt wieder die Funktion auf.
05:15 Uhr: Entwarnung seitens der nationalen Energiekontrolle: Die Energieversorgung ist fast vollständig wiederhergestellt.

Chaos in São Paulo und Rio de Janeiro

In Rio de Janeiro und São Paulo reagierten die Menschen teilweise mit Panik auf den grossflächigen Stromausfall. Dutzende Menschen sassen in Aufzügen, Zügen und U-Bahnen fest, aufgrund ausgefallener Ampeln herrschte im Strassenverkehr totales Chaos. Auch in den Bars, Kneipen und Restaurants harrten die Menschen notgedrungen bei Kerzenschein aus. Vielerorts mussten sich die Gastwirte am Ende mit der Bezahlung der Rechnung vertrösten lassen, da die Lesegeräte für Kreditkarten nicht mehr funktionierten. Polizei, Krankenhäuser und viele Hotels stellten die Energie mit Notstromaggregaten sicher.

Die Rückkehr der Energie wurde von den Bewohnern der Städte beklatscht und bejubelt. Auch die Autofahrer feierten mit einem Hupkonzert das Ende der Dunkelheit. An verschiedenen Orten hatten allerdings Banditen und Kriminelle zuvor die Dunkelheit für Überfälle und Einbrüche genutzt. Eine Frau wurde dabei nach Medienberichten getötet. Auch ein Reisebus auf dem Weg von Rio de Janeiro in die Hafenstadt Santos wurde kurzfristig entführt. Die eilig herbeigerufene Polizei konnte jedoch Schlimmeres verhindern und die Täter, die vermutlich aus dem Drogenmilieu stammten, vertreiben. Personen kamen nicht zu schaden.

In nachfolgendem Video sieht man sehr schön, wie in Rio de Janeiro nach und nach der Strom wieder zugeschaltet wurde:

Foto: Fernando Mafra / Flickr | Grafik: g1.globo.com

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