Gefährlichste Favela Brasiliens in Hand von Polizei und Militär

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Datum: 14. November 2011
Uhrzeit: 10:17 Uhr
Ressorts: Panorama
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Autor: Dietmar Lang
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Das gefährlichste Armenviertel Brasiliens steht unter der Kontrolle von Polizei und Militär. Rund 3.000 Einsatzkräfte haben am frühen Sonntagmorgen (13.) die Favela Rocinha in der Millionenmetropole Rio de Janeiro besetzt. Rund drei Stunden dauerte die Aktion im Kampf gegen die ansässigen Drogenbanden und das organisierte Verbrechen, bei der auch Polizisten und Soldaten in die benachbarten Favelas Vidigal und Chácara do Céu einmarschierten. Die Region gilt als der lukrativste Drogenumschlagplatz von Rio de Janeiro. Am Ende wurden auf den Hügeln des zwischen den Nobelvierteln Gávea und São Conrado in unmittelbarer Nähe des weltberühmten Ipanema-Strandes im Süden der Stadt gelegenen Komplexes die brasilianischen Flaggen gehisst.

Rocinha

Die schwer bewaffneten Elite-Polizisten der fast schon legendären Eingreiftruppe “Bope” stiessen überraschenderweise auf faktisch keinerlei Widerstand. Lediglich einige Barrikaden hatte die Drogenmafia aufgeboten, zudem wurde auf einer steilen Zufahrtstraße wurde Öl ausgeschüttet, um den Fahrzeugen den Zugang zu verwehren. Die dort ansässigen Drogenbanden hatten anscheinend schon Tage zuvor das Weite gesucht, laut dem zuständigen Einsatzleiter wurde während der „Operation Friedensschock“ kein Schuß abefeuert.

Die “Besetzung” der Armenviertel, in denen geschätzte 150.000 Menschen leben, war frühzeitig angekündigt worden. Nach der Verhaftung des unter dem Spitznamen “Nem” bekannten Drogenbosses Antônio Bonfim Lopes am vergangenen Donnerstag hatte die Stadtverwaltung von Rio de Janeiro bei Brasiliens Staatspräsidentin Dilma Rousseff militärische Hilfe angefordert, die dann mit 18 Panzern und 200 Marinesoldaten auch umgehend gewährt wurde. Und diese brachten nicht nur die Armenviertel vollständig unter Kontrolle, sie durchsuchten auch Haus für Haus und stellten jede Menge Drogen und Schußwaffen sowie Munition sicher.

Rocinha

Entgegen vieler Befürchtungen sind Polizei und Militär bei ihrem Vorstoß äusserst besonnen vorgegangen. Zahlreiche Anwohner hatten die vorrückenden Truppen mit weissen Laken an ihren Häusern zu einer friedlichen Besetzung und zu Gewaltverzicht aufgefordert. Zu Zwischenfällen ist es nach Medienberichten nicht gekommen, am Nachmittag liefen die Menschen schon wieder durch die engen Gassen, Kinder spielten und den Augen der Einsatzkräfte auf der Straße. “Die Bewohner haben ihr Territorium zurückgewonnen” erklärte auch die zuständige Leiterin der Zivilpolizei von Rio de Janeiro, Martha Rocha. Erklärtes Ziel der Megaoperation ist, nun schnellstmöglich in den betroffenen Gebieten dauerhaft eine “friedensstiftende Polizeitruppe” zu installieren.

Die jüngste Aktion ist Teil des gigantischen Vorhabens, die gewaltträchtigsten Armenviertel in Rio de Janeiro in Hinblick auf Fußball-Weltmeisterschaft 2014 und die Olympischen Sommerspiele 2016 zu befrieden. Vor gut einem Jahr war bereits der Favela-Komplex “Alemão” im Norden der Stadt mit militärischer Hilfe spektakulär besetzt worden. Damals wurde das organisierte Verbrechen jedoch von der “Invasion” überrascht und leistete heftigen Widerstand. Über 40 Menschen starben bei intensiven Feuergefechten in dem riesigen Armenviertel, darunter auch einige unschuldige Bewohner.

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