In der Millionenmetropole Rio de Janeiro in Brasilien hat der bekannte Drogenboss Antônio Bonfim Lopes, besser bekannt unter seinem Spitznamen Nem, der Polizei den Kampf angesagt. Der Kopf der örtlichen Drogenmafia in der Favela Rocinha erklärte gegenüber Anwohnern, die Stationierung von Polizeikräften in dem Armenviertel mit allen Mitteln verteidigen zu wollen. Zudem befahl er eine Ausgangssperre für die Bewohner sowie die Schließung der dort ansässigen Geschäfte.
Hintergrund ist die zunehmende Polizeipräsenz in der riesigen Favela, in der schätzungsweise 150.000 Menschen leben. Die Sicherheitsbehörden der Metropole unter dem Zuckerhut planen die Einrichtung einer Wache der so genannten „Friedenspolizei“, welche die Ordnung in den sozialen Brennpunkten aufrecht erhalten und den Handel mit Drogen unterbinden soll. Mit einer Besetzung des Armenviertels wird in den kommenden Tagen gerechnet.
Nem soll nach jüngsten Informationen daher auch seine Flucht vorbereitet haben. In der Favela wurde er zuletzt in Begleitung von drei Leibwächtern gesehen. „Er spricht zwar von Widerstand, wir gehen jedoch von einer Flucht aus. Er will seine Macht gegenüber den Untergebenen nicht verlieren“ so die Schlußfolgerung des für die Ermittlungen zuständigen Kommissars Carlos Augusto Nogueira Pinto. Gegen Nem liegen insgesamt neun Haftbefehle vor.
In den letzten Tagen habe sich das Verhalten des Drogenbosses massiv verändert, so der Ermittler weiter. Habe sich Nem seit der Übernahme des Drogenrings im Jahr 2005 stets sehr „volksnah“ gezeigt und stets die zahlreichen Feste und Shows in dem Armenviertel frequentiert, lasse er sich dort nunmehr lediglich wenige Minuten blicken. Auch seien ab sofort keine Fotos mehr erlaubt, in seiner Nähe dürfe noch nicht einmal telefoniert werden. In der Vergangenheit hatte sich der Drogenboss provokativ unantastbar gezeigt und sogar Fotos von sich und seiner Ehefrau in sozialen Netzwerken veröffentlicht.
In der Gemeinschaft der Favela Rocinha hat Nem zudem massiv an Popularität verloren, nachdem er Kriminellen Unterschlupf gewährte, die aus anderen Favelas von der Polizei vertrieben worden waren. Nach Protesten der Anwohner traf er sich mit deren jeweiligen Sprechern und versuchte, die Wogen zu glätten. Die Bürgergemeinschaften wollen nach Medienberichten allerdings keineswegs die von Nem angeordnete Ausgangssperre befolgen. Da die meisten Anwohner arbeiten würden, seien die Geschäfte gerade in den Abendstunden stark frequentiert, so die Inhaber. Neben den drohenden Umsatzverlusten fürchten sie jedoch auch die angekündigte Polizeiaktion. Die Sicherheitsbehörden haben bereits mitgeteilt, dass die Besetzung von Rocinha von massiven Hausdurchsuchungen und der Beschlagnahmung illegaler Waren begleitet werde.