Lebt man in Brasilien, bekommt man den Begriff „Baixada Fluminense“ ziemlich oft zu hören. Prinzipiell handelt es sich dabei um eine Region ausserhalb der Stadt Rio de Janerio im gleichnamigen Bundesstaat. Das Hinterland sozusagen. Doch brasilienmagazin.net war diese Definition ein wenig zu mager und hat sich selbst auf die Suche gemacht. Nach Ursprung und Entwicklung einer Region voller Probleme, abseits der Tourismusmetropole unter dem Zuckerhut.
Zuerst einmal sollte man den Begriff übersetzen: „Baixada“ bedeutet Tiefebene und „Fluminense“ stammt von dem lateinischen „flumen“ ab, was soviel wie Fluss oder Strom bedeutet. Tatsächlich ist diese Tiefebene im Hinterland von Rio de Janeiro von vielen Flüssen durchzogen und war lange Zeit wichtige Verkehrsstrecke ausgehend von der Hauptstadt des damaligen Kaiserreiches im 17. und 18. Jahrhundert. Damals war die Region allerdings noch unter dem Namen „Baixada Guanabara“ bekannt.
Die Baixada war zudem im 19. Jahrhundert eines der ersten Anbaugebiete für brasilianischen Kaffee und erlebte in dieser Zeit eine stetige Entwicklung. Mitte des 19. Jahrhunderts kam der wirtschaftliche Aufschwung durch die Konstruktion der Eisenbahnlinie „Dom Pedro II“. Heute ist diese Strecke unter dem Namen „E.F. Central do Brasil“ bekannt.
Mit Beginn des 20. Jahrhunderts begannen in der Tiefebene erste Entwässerungsmassnahmen und die zunehmende Landflucht lies dort vermehr Siedlungen entstehen. Die armen Familien auf der Suche nach einem besseren Leben mussten jedoch ausserhalb der damaligen brasilianischen Hauptstadt ihre Hütten und Brettenbuden aufschlagen. Neben Malariaepidemien litten die Menschen unter unerträglichen hygienischen Bedingungen, oft ohne ärztliche Versorgung, Schulen, fliessendes Wasser oder Strom. Nur im Laufe der Jahrzehnte konnte langsam aber sicher eine Urbanisation hergestellt werden. Doch die ständig präsente hohe Arbeitslosigkeit führte zu enormer Kriminalität, zu massiver Gewalt und imensen sozialen Problemen, die bis heute noch nicht aus der Welt geschafft werden konnten. Dadurch gilt die „Baixada Fluminense“ nach wie vor als eine der gefährlichsten Regionen Brasiliens.
Die „Baixada Fluminense“ ist zudem kein „Vorort von Rio de Janeiro„, wie man so oft in deutschen Medien und im Internet nachlesen kann. Es ist auch keine verwaltungstechnisch definierte Region sondern ein geographisches Gebiet, welches verschiedene Munizipe umfasst. Hierzu gehören in erster Linie Duque de Caxias, Nova Iguaçu, São João de Meriti, Nilópolis, Belford Roxo, Queimados und Mesquita, alle im Norden von Rio de Janeiro gelegen. Manche Studien schliessen auch noch die Gemeinden Magé und Guapimirim im Osten sowie Japeri, Paracambi, Seropédica und Itaguaí im Westen und Nordosten mit ein.
In dem Gebiet leben heute rund drei Millionen Menschen und damit ist es von der Bevölkerung gesehen die zweitgrösste Region im Bundesstaat Rio de Janeiro, lediglich von der Hauptstadt Rio de Janeiro selbst noch übertroffen.
Grafik: Wikipedia