Honduras-Krise: Machthaber lehnen Verhandlungen ab und schränken Bürgerrechte ein

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Datum: 02. Juli 2009
Uhrzeit: 11:09 Uhr
Ressorts: Südamerika
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Autor: Dietmar Lang
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Die Lage in Honduras spitzt sich zu. (Foto: Divulgação)

Die neue selbsternannte Regierung in Honduras wird international zunehmend politisch isoliert. Interims-Präsident Roberto Micheletti, massgeblich verantwortlich für den Staatsstreich am vergangenen Sonntag, lehnte mehrfach jegliche Verhandlungen über die Rückkehr des demokratisch gewählten Präsidenten Manuel Zelaya ab und schränkte zudem die Bürgerrechte drastisch ein. Die Europäische Union, die USA sowie die meisten lateinamerikanischen Staaten erkennen die neue Regierung im zentralamerikanischen Staat weiterhin nicht an und haben begonnen, ihre Botschafter abzuziehen. Die USA setzen ihre militärische Zusammenarbeit aus, die interamerikanische Entwicklungsbank legte Kredite in Höhe von rund 282 Millionen Euro auf Eis.

Am Mittwoch hatte die Organisation amerikanischer Staaten (OAS) den Machthabern in Tegucigalpa ein 72-stündiges Ultimatum gestellt, Präsident „Mel“ Zelaya die Rückkehr zu ermöglichen und wieder ins Amt zu setzen. Andernfalls werde Honduras aus der Staatengemeinschaft ausgeschlossen. Auch die UNO hat zwischenzeitlich in einer Resolution den Putsch verurteilt. Micheletti erteilte den Forderung umgehend eine klare Absage. Zelaya werden niemals wieder an die Macht gelangen. Wenn er ins Land kommen sollte, werde er zudem umgehend verhaftet und vor Gericht gestellt. Es läge eine Anklage in 18 Fällen für die „von ihm im Amt begangenen Verbrechen“ vor.

Zelaya war am frühen Sonntagmorgen an seinem Amtssitz von Militärs festgenommen und ausser Landes geschafft worden. Am Dienstag hatte er angekündigt, am Donnerstag in Begleitung der argentinischen Präsidentin Cristina Kirchner und Ecuadors Präsident Rafael Correa in sein Heimatland zurückzukehren. Dieser Termin wurde aufgrund der neuesten Entwicklung zunächst auf das Wochenende verschoben. Costa Ricas Präsident und Friedensnobelpreisträger Óscar Arias hat Zelaya jedoch inzwischen eindringlich vor einer baldigen Rückreise gewarnt. Dies könne jeglichen möglichen Versöhnungsversuch der Putschisten aufs Spiel setzen.

In Honduras werden zudem immer mehr Erinnerungen an die grausamen Militärputsche der Vergangenheit wach. Auch wenn nach dem Staatsstreich weiterhin ursprünglich demokratisch gewählte Politiker an der Macht sind, werden durch die nun ergriffenen innenpolitischen Massnahmen immer mehr Bürgerrechte eingeschränkt. So wurden nächtliche Ausgangssperren verhängt und die Versammlungsfreiheit eingeschränkt. Nach dem neuesten Dekret dürfen Polizeikräfte nun Demonstranten ohne Angabe von Gründen für 24 Stunden festhalten. Die Massnahmen wurden im Ausland heftig kritisiert.

honduras1Wie das Volk in Honduras tatsächlich zu den Vorfällen steht, ist weiterhin unklar. Von beiden Seiten sind aus der Hauptstadt lediglich kleinere Demonstrationen bekannt. Anhänger der Interims-Regierung sollen dabei friedlich in der Hauptstadt demonstriert haben, bei Pro-Zelaya-Protesten kam es hingegen zu Konfrontationen mit Militär und Polizei. Beide Seiten geben sich dabei gegenseitig die Schuld für die Ausschreitungen, die täglich an Schärfe zunehmen und das schlimmstenfalls in einen Bürgerkrieg stürzen könnten.

„Honduras ist ein friedliches Land“ erklärt dagegen Roger L.* aus Tegucigalpa exklusiv gegenüber dem brasilien Magazin. Der 21-jährige Marketingstudent befürwortet den erfolgten Machtwechsel. Die Proteste gegen die neue Regierung seien nun infiltiert von den Machthabern in Nicaragua und Venezuela, das Volk selbst würde für Frieden und Demokratie demonstrieren. Eine politische Einmischung von aussen lehnt er zudem kategorisch ab. „Panama und Kolumbien haben gesagt, dass Honduras machen kann was es will. Und es ist nicht erlaubt, dass sich Venezuela, die OAS oder die UNO in Dinge einmischen, die Honduras alleine betreffen. Warum mischt sich die internationale Gemeinschaft in Honduras ein und hören nicht auf das Volk in Nicaragua, Venezuela oder Kuba?“ so Roger im Gespräch am Donnerstagvormittag. In der Hauptstadt ist es seiner Aussage den Umständen entsprechend ruhig, die Menschen gingen normal zur Arbeit. Wie lange die Krise noch dauert, will er nicht abschätzen. Allerdings hält auch er eine militärische Eskalation, wie zuletzt von Venezuelas Staatschef Hugo Chavez angedroht, mittlerweile für möglich. „Die Streitkräfte von Honduras aber sind vorbereitet, für alles, was kommen mag.“

* Name der Redaktion bekannt

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