Militärputsch in Honduras: Brasilien zieht Botschafter ab – Unterstützung für Zelaya wächst

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Datum: 29. Juni 2009
Uhrzeit: 20:13 Uhr
Ressorts: Südamerika
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Autor: Dietmar Lang
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Honduras entmachteter Präsident Manuel Zelaya (li.), der Präsident Nicacaguas Daniel Ortega (mi.) und Venezuelas Staatschef Hugo Chavez (re.) am Montag in Manágua (Foto: Divulg.)

Brasilien hat angekündigt, seinen Botschafter in Honduras, Brian Michael Fraser Neele, zunächst nicht wieder nach Tegucigalpa zurückzuschicken. Dies erklärte der brasilianische Aussenminister Celso Amorim am Montagabend Ortszeit in Brasília. Der Diplomat war zum Zeitpunkt des Militärputsches und der Absetzung des demokratisch gewählten Präsidenten Manuel Zelaya am frühen Sonntagmorgen im Urlaub in Brasilien und werde dort nun bis auf weiteres verbleiben. Seit wann Neele in Urlaub ist und wo er sich derzeit aufhält wollte ein Sprecher des Aussenministeriums nicht kommentieren.

Staatspräsident Lula hatte am Montag den Staatsstreich als „inakzeptabel“ bezeichnet. In seiner wöchentlichen Radiosendung forderte er die Wiedereinsetzung von Zelaya. „Wir können keine andere Regierung anerkennen als die von Präsident Zelaya. […] Wir können nicht akzeptieren, dass jemand fernab der Demokratie eine Lösung für sein Land sieht, ohne freie und direkte Wahlen. Deshalb muss er [Zeyala] die Präsidentschaft wieder erhalten. Es ist die einzige Bedingung um die Beziehungen zu Honduras wieder aufzunehmen“ erklärte Lula wörtlich.

Die Entscheidung der brasilianischen Regierung ist ein weiterer Schritt, die neue unrechtmässige Regierung in Honduras international zu isolieren. Weltweit wurde mit Bestürzung auf die heimtückische Aktion reagiert, bei der der Amtsinhaber am frühen Sonntagmorgen von Soldaten aus dem Bett gerissen und verhaftet wurde. Kurze Zeit darauf wurde er noch im Schlafanzug nach Costa Rica gebracht, wo er auf dem Flughafen von San José eine erste Stellungnahme abgab und von einer „brutalen Entführung“ sprach.

Auch andere lateinamerikanische Länder, die USA und die EU kritisierten die Vorgehensweise von Parlamentspräsidenten Roberto Micheletti, dem Anführer des Staatsstreiches. Obama bezeichnete die Putsch als „illegal“, die EU-Aussenminister sehen darin eine „inakzeptable Verletzung der verfassungsmäßigen Ordnung in Honduras“. Venezuelas Staatschef Hugo Chavez hat derweil unverholen mit einer militärischen Intervention gedroht. Seine Streitkräfte wären in Alarmbereitschaft versetzt worden, er würde die neuen Machthaber „notfalls mit Gewalt“ stürzen.

Die Staatschefs der amerikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ALBA haben auf einer Konferenz am Montag in Managua in Nicaragua beschlossen, sämtliche ihre Botschafter aus Honduras anbzuziehen. In der Gemeinschaft mit dem komplizierten Namen „Bolivarianische Allianz für die Völker unseres Amerika“ sind unter anderem Bolivien, Venezuela, Ecuador, Nicaragua und Kuba sowie Honduras organisiert. Auch Zelaya war umgehend nach Nicaragua gereist, um sich mit seinen Unterstützern abzusprechen. Am Dienstag wird er zudem vor der Vollversammlung der Organisation amerikanischer Staaten sprechen. Auch hier dürfte er von zahlreichen Mitgliedsländern Unterstützung erfahren.

Die innenpolitische Situation in Honduras eskalierte, als Zelaya eine für Sonntag geplante Volksabstimmung unbedingt durchsetzen wollte, die ihm im kommenden Jahr eine mögliche Wiederwahl gestattet hätte. Ein solches Referendum über eine Verfassungsänderung ist allerdings in der Verfassung von Honduras zwischenzeitlich nicht mehr erlaubt. Micheletti hatte jedoch eilig ein Gesetz verabschieden lassen, welches keine Volksabstimmungen innerhalb von 150 Tagen vor einer Wahl erlaubt. Daher lehnten Parlament sowie das oberste Wahlgericht den Vorstoss Zelayas schon vor geraumer Zeit ab. Der Präsident betrieb die Vorbereitung jedoch einfach weiter und stellte in diesem Rahmen auch Wahlzettel und Urnen in einer Kaserne sicher. Seine Gegner sprachen in diesem Zusammenhang jedoch von Einbruch und Diebstahl. Der schwelende Konflikt konnte bis zum Wahltag nicht beendet werden und um das Referendum dann doch noch zu verhindern, schalteten die neuen Machthaber das Militär ein.

Mit der Militäraktion gingen auch zahlreiche Einschränkungen im Kommunikationsbereich einher, die an die dunkelsten Zeiten der Militärdiktaturen in Südamerika erinnern. So wurden verschiedene Tageszeitungen und Fernsehkanäle abgeschaltet, andere brachten nur Musikclips, Kochsendungen und Telenovelas. Auch im Internet waren noch am Montagmorgen verschiedene Online-Magazine nicht erreichbar. Innerhalb von wenigen Stunden liess sich zudem Micheletti zum Interimspräsident vereidigen und verhängte als erste Amtshandlung eine zweitägige Ausgangssperre.

Im Laufe des Montags demonstrierten trotz Ausgangssperre einige hundert Demonstraten vor dem hermetisch abgeriegelten Präsidentenpalast für die Rückkehr von Präsident Zelaya. Dabei kam es zu Zusammenstössen mit der Polizei, die teilweise von Hubschraubern aus Gummigeschosse abfeuerte und Tränengas einsetzte. Über die derzeitige Situation in Tegucigalpa liegen keine Informationen fest, auch die Zahl von verletzten oder verhafteten Personen ist nicht bekannt.

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