Nach 61 Jahren könnte ein Ex-Bischof oder ein Ex-General am heutigen Sonntag bei der Präsidentschaftswahl in Paraguay die allmächtige republikanische Colorado-Partei ablösen. Laut den Meinungsumfragen liegt der vom Vatikan suspendierte katholische Geistliche Fernando Lugo einige Prozentpunkte vor der Kandidatin der Republikaner, Blanca Ovelar. Der ehemalige Oberbefehlshaber der paraguayischen Armee, Lino Oviedo liegt nach letzten Umfragen auf Rang 3.
Doch die Probleme sind vorprogrammiert. Anhänger Lugos wittern schon im Vorfeld Wahlmanipulation oder Wahlbetrug. Sollte ihr Kandidat nicht gewinnen, werden wie schon bei anderen Wahlen zuvor massive Ausschreitungen befürchtet. Nährstoff bekommen die Gegner der Regierungspartei durch mittlerweile bekannt gewordene Unregelmässigkeiten im Wahlregister. So sollen Wähler teilweise dieselbe Nummer haben oder bereits verstorbene Personen darin noch auftauchen. Der oberste Gerichtshof hat daher angeordnet, dass jeder Wähler nach der Abgabe der Stimme noch einen elektronischen Fingerabdruck hinterlegen muss.
Elektronisch abgestimmt werden darf in dem kleinen Binnenstaat im Herzen Südamerikas jedoch nicht. Seitens der Regierung war ursprünglich geplant, die in Brasilien verwendeten elektronischen Urnen einzusetzen. Diese wurden auch vereinbarungsgemäss geliefert und sind nun in einem Lager der Wahlbehörde deponiert. Die Opposition hatte jedoch in den letzten Tagen erreicht, dass weiterhin wie gewohnt auf dem Papier abgestimmt wird. Die Parteien befürchteten Manipulationen und setzten sich mit ihrer Forderung, die Wahl auf konventionelle Weise durchzuführen, vor Gericht durch.
Rund 2.9 Millionen Paraguayer können heute von 7 Uhr bis 16 Uhr ihre Stimme abgeben. Obwohl in Paraguay Wahlpflicht herrscht, wird nur mit rund 65 bis 70 Prozent Wahlbeteiligung gerechnet. Die Strafe für Nichterscheinen beträgt lediglich 44.000 Guaranies (etwa 8 Euro), weitere Konsequenzen gibt es keine.