Kolumbien-Krise: Nicaragua bricht ebenfalls diplomatische Beziehungen ab

Datum: 06. März 2008
Uhrzeit: 18:09 Uhr
Ressorts: Südamerika
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Autor: Dietmar Lang
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Ecuadors Präsident Correa und Staatspräsident Lula bei ihrem Treffen in Brasília am gestrigen Mittwoch (Foto: ABr) Der brasilianische Justizminister Tarso Genro garantierte heute, dass sich kein Lager der Farc auf brasilianischem Territorium befinde. Allerdings würden regelmässig Zivilpersonen die Grenze zwischen Kolumbien und Brasilien überschreiten um Waren einzukaufen. Vor einem Jahr ungefähr wären zum letzten Mal Farc-Rebellen nach Brasilien eingedrungen. Die Präsenz sei jedoch „schnell abgewehrt“ worden und hätte sich nicht wiederholt. Die Region sein unter der Kontrolle der Bundespolizei und der Streitkräfte.

Damit widersprach der Minister der Äusserung des Präsidenten von Ecuador, Rafael Correa, dass auch in Brasilien Farc-Stützpunkte existieren könnten. Dieser hatte die Vermutung nach einem Blitzbesuch bei seinem brasilianischen Amtskollegen Luiz Inácio Lula da Silva im Rahmen eines in Brasilien ausgestrahlten TV-Interviews geäussert. Correa hatte zuvor das brasilianische Staatsoberhaupt um diplomatische Unterstützung gebeten und ihm zugleich gedankt, dass Brasilien die Verletzung der Souveränität Ecuadors verurteilt hatte.

Auch Verteidigungsminister Nelson Jobim bestätigte die Abstinenz kolumbianischer Rebellen auf brasilianischem Territorium. Rund 20.000 Soldaten der Streitkräfte sind seiner Aussage nach derzeit an der Grenze zu Venezuela und Kolumbien stationiert. Eine gut funktionierende Infrastruktur mit Basen in Tefé und Manaus sei ebenfalls vorhanden. „Wir haben die totale Kontrolle über unsere Grenze“ so Jobim wörtlich. Eine Stellungnahme zur Krise in Kolumbien wollte der Minister jedoch nicht abgeben. Dafür sei das Aussenministerium zuständig.

Derweil hat Nicaraguas Präsident Daniel Ortega heute die diplomatischen Beziehungen seines Landes zu Kolumbien abgebrochen. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem ecuadorianischen Amtskollegen Rafael Correa in Managua erklärte er: „In Solidarität mit dem ecuadorianischen Volk kündigt Nicaragua in diesem Moment an, dass es seine diplomatischen Beziehungen mit Kolumbien abbrechen wird.“

Ortega übte zudem Kritik an der Erklärung der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS). In dieser wurde das Vorgehen Kolumbiens nicht verurteilt, obwohl nach Meinung Ortegas „eine offensichtliche Verletzung des Völkerrechts und der Souveränität Ecuadors“ vorliegt. Polemisierend ergänzte der Präsident, dass Kolumbien dieselbe Taktik unternommen hätte wie die USA, als diese versuchten, den lybischen Staatschef Muhammar Al Ghadafi zu ermorden, dabei jedoch dessen Tochter töteten. Für Ortega sind einige Kriegsherde in Lateinamerika noch immer nicht überwunden. Paramilitärs und Drogenhändler in Kolumbien seien eine Gefahr für sein Land sowie für die ganze Region, die dadurch destabilisiert würde.

Auch Venezuela hat schärfere Massnahmen gegen seinen östlichen Nachbarn angekündigt. Laut einer Stellungnahme von Präsident Hugo Chávez sind mittlerweile über 8.000 Soldaten und zehn Panzerbataillone in die Grenzregion unterwegs. „Unsere Politik ist Frieden, aber wir müssen vorsorgliche Maßnahmen treffen, um einen Krieg zu verhindern.“ so Chávez wörtlich. Zudem will Chávez sämtliche Wirtschaftsbeziehungen zu Kolumbien einstellen, sowie eventuell einige kolumbianische Unternehmen in Venezuela verstaatlichen. Man brauche seiner Aussage nach keine kolumbianischen Investitionen im Land.

Obwohl sich langsam in der gesamten Region Kriegsangst breit macht, glaubt die kolumbianische Führung nicht an gewaltsame Auseinandersetzungen. „Ich glaube nicht, dass es die Gefahr eines Krieges gibt“ erklärte der kolumbianische Vizepräsident Francisco Santos bei einem Besuch in Brüssel. „Die kolumbianische Regierung hat sehr deutlich gemacht, dass sie keine militärische Gewalt anwenden wird.“ Allerdings werde Kolumbien auch weiterhin keine Stürzpunkte der Farc-Rebellen in den Grenzgebieten der Nachbarländer dulden.

Die Farc ihrerseits hat ebenfalls mit zwei Aktionen in den vergangenen Stunden abermals auf sich aufmerksam gemacht. Zum einen liess sie vier Geiseln frei, allesamt jedoch keine bekannten Personen sondern einfache kolumbianische Touristen. Andererseits sprengte sie sieben Teilstücke einer Erdölpipline zwischen Kolumbien und Ecuador in der Nähe von Orito im kolumbianischen Grenzgebiet.

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