Felipe Massas Titelträume auf die Formel 1 – Weltmeisterschaft platzten am gestrigen Sonntag in seiner Heimatstadt São Paulo zum Entsetzen von Millionen mitfiebender Fans faktisch auf der Zielgeraden. Der sympathische Brasilianer gewann zwar überlegen das letzte Rennen der Saison, musste sich jedoch am Ende mit einem 1 Punkt Rückstand in der Gesamtwertung (97:98) dem Briten Lewis Hamilton geschlagen geben, der damit jüngster Formel 1 – Weltmeister aller Zeiten wurde. Entscheidend beeinflusst wurde das Endergebnis von zwei deutschen Fahrern, die kurz vor Schluss erst Massa zum Punktevorsprung verhalfen und ihm diesen dann in der letzten Kurve wieder wegnahmen.
Es war ein einsames und streckenweise langweiliges Rennen in Felipe Massa Heimatstadt São Paulo. Auf der Rennstrecke in Interlagos fühlt sich Massa besonders wohl, hier kennt er jede Bodenwelle, jede Kurve. Am Samstag holte er daher zum dritten Mal die Pole-Position und bekräftigte nochmals seinen diesjährigen Titelanspruch. Fehlerfrei war dann auch sein Start, der aufgrund starken Regens mit 10-minütiger Verspätung stattfand. Selbst nach mehreren Boxenstopps blieb der Ferrari-Pilot bei seinem Heimspiel stets in Führung und überquerte nach 71 Runden jubelnd als Erster hochverdient vor Fernando Alonso (Renault) und Teamkollege Kimi Räikkönnen die Ziellinie. Massa, der natürlich auch die schnellste Rennrunde fuhr, hatte aus dem letzten Rennen der Saison das Optimum herausgeholt. Sein Schicksal war jedoch vom Abschneiden seines stärksten Kontrahenten Lewis Hamilton abhängig, der mit einem komfortablen 7-Punkte-Vorsprung nach Brasilien reiste.
Doch der Brite leistete sich in seinem Silberpfeil bei der Qualifikation einen Fahrfehler und musste von Startplatz 4 aus ins Rennen gehen. Ihm genügte jedoch ein 5. Platz, um sich nach dem verpatzten Finale im vergangenen Jahr an gleicher Stelle endlich den begehrten Weltmeistertitel zu sichern. In der Anfangsphase des Rennes wurde das Teilnehmerfeld zudem mächtig durchgeschüttelt und nach einem frühen Reifenwechsel aller Fahrer – es hatte inzwischen aufgehört zu regnen und die Strecke trocknete ab – fand sich Hamilton auf Rang 6 wieder. 7 Runden lang hiess nun der neue Weltmeister Felipe Massa.
Weitere Boxenstopps brachten den Briten immer wieder ein Stück nach vorne oder warfen ihn einen Platz zurück. In der zweiten Hälfte des Rennens sicherte sich Hamilton Platz 5 und schien diesen sicher nach Hause zu fahren. Doch er hatte die Rechnung ohne einen Deutschen gemacht. Sebastian Vettel (Toro Rosso) pirschte sich an den McLaren Mercedes heran und überholte zum Entsetzten der Hamilton-Fans zwei Runden vor Schluss und schickte den Briten auf Rang 6. Ein Aufschrei ging durch Brasilien, sollte 17 Jahre nach dem letzten Titelgewinn durch Ayrton Senna nun endlich die Weltmeisterschaft wieder nach Brasilien gehen? Massa musste jetzt eigentlich nur noch zwei Runden sicher bewältigen und zusehen, wie sein Konkurrent mit bedrückter Miene knapp am Titel vorbeischrammt.
Wäre da nicht der zweite Deutsche gewesen, der nun die ganze Schuld an der kollektiven brasilianischen Trauer hat: Timo Glock. Fünf Kurven vor Rennende liess der Toyota-Pilot zuerst Vettel und dann auch noch Hamilton passieren. Glock hatte wenige Minuten zuvor darauf verzichtet, wie fast alle Fahrer im Teilnehmerfeld wegen erneut einsetzendem Regen die entsprechenden Reifen aufzuziehen und konnte den Speed einfach nicht mehr halten. Dies nutzte der Brite eiskalt aus, zog Sekunden vor Rennende doch noch vorbei und sicherte sich den notwendigen fünften Platz. Nun sahen die entsetzten brasilianischen Fans, denen die Jubelschreie sprichwörtlich im Hals stecken blieben, einen tieftraurigen Massa und einen jubelnden Hamilton.
Massa, der im vergangenen Jahr in der Gesamtwertung Vierter wurde, hat sich jedoch endgültig in die Herzen der brasilianischen Fans gefahren und ist für viele der wahre Weltmeister Zu Beginn der Saison noch mit Gleichgültigkeit betrachtet, nach seiner Karussellfahrt fahrt in Silverstone (5 Dreher) belächelt, nach Singapur und dem Tankrüsseldebakel verhöhnt – allerdings auch bemitleidet nach dem Ausfall in Budapest – ist er nun für die brasilianischen Medien ein „toller Fahrer in einem tollen Team“. Und von dem nur 1,66m grossen Felipão, der nach Meinung vieler mehr aufgrund seines Teams sowie der Technik und weniger aufgrund eigener Fahrleistung nur Vizeweltmeister wurde, ist hoffentlich noch viel zu erwarten.
mit Informationen vom BrasilienPortal | Foto: g1.globo.com