Brasilien ist nach dem desaströsen Abschneiden bei der Fussball-WM 2006 auch in diesem Jahr im Viertelfinale gescheitert. Die Seleção unterlag vor rund 40.000 Zuschauern im Nelson Mandela Bay – Stadion in Port Elizabeth am Freitag (2.) der Niederlande mit 1:2 und muss damit frühzeitig die Heimreise antreten. Holland trifft nun im Halbfinale auf den Sieger der Begegnung zwischen Uruguay und Ghana.
Das für den verwöhnten Rekordweltmeister frühe WM-Aus ist bei der diesjährigen Endrunde in Südafrika um so bitterer, hat die Seleção doch in der ersten Halbzeit die „Oranje“ mehr oder minder an die Wand gespielt. Bereits nach 10 Minuten ging Brasilien durch ein Tor von Robinho mit 1:0 in Führung und konnte sich weiteren Spielverlauf weitere gute Chancen herausarbeiten. Leider verpassten es Kaká und Co., die Führung auszubauen. In einer Zwischenbilanz zur Halbzeitpause wurde bereits der von seiner Verletzung genesen Felipe Melo gefeiert, der durch einen Traumpass von Mittellinie bis zur Strafraumgrenze die brasilianische Führung eingeleitet hatte.
Doch genau dieser Mittelfeldspieler von Juventus Turin sollte am Ende der Partie der grosse Sündenbock für die Niederlage sein. Zunächst verursachte er bei einem Abstimmungsfehler mit Torhüter Julio César kurz nach Wiederanpfiff durch ein Eigentor den Ausgleichstreffer für die Niederlande (53.). Es war das erste Eigentor einer brasilianischen Mannschaft bei einer Weltmeisterschaft. Wenig später gelang den „Oranje“ zudem die mehr als überraschende Führung durch einen Kopfballtreffer von Schneijder nach einem Eckball (67.).
Holland kam immer besser ins Spiel, Brasilien liess Chance um Chance ungenutzt. Nun lagen die Nerven bei Felipe Melo vollständig blank. Nach einem Foul am holländischen Ausnahmespieler Robben trat er völlig grundlos nach und versuchte dem am Boden liegenden Spieler den Ball zu entreissen. Völlig zurecht erhielt er aufgrund dieser Tätlichkeit von Schiedrichter Yuichi Nishimura aus Japan die rote Karte. In Unterzahl konnte Brasilien kaum noch Akzente setzen und lief zudem der Gefahr, noch höher in Rückstand zu geraten. Am Ende blieb es beim 1:2 und der bitteren Erkenntnis, 2006 erneut in der Runde der letzten Acht bei einer WM-Endrunde gescheitert zu sein.
In Brasilien verhallte mit dem Schlusspfiff der letzte Anfeuerungsruf, selbst die Samba-Trommeln verstummten. Brasilien versankt in einer kollektiven Trauer, viele lagen sich weinend in den Armen. Auch viele Kinder, die bewusst die erste WM der Seleção mit ihren Idolen Kaká, Robinho oder Luis Fabiano miterlebten, liessen sich von der allgegenwärtigen Tristess anstecken. Selbst Staatspräsident Luiz Inácio Lula da Silva, der das Spiel in Brasília mit einigen Ministern verfolgte, blieb nach Beendigung der Begegnung sprach- und wortlos minutenlang vor dem Fernseher sitzen.
Carlos Dunga hat auf der anschliessenden Pressekonferenz angekündigt, das Amt des Nationaltrainers niederzulegen. Er habe nach der WM 2006 einen Vertrag für vier Jahre mit dem brasilianischen Fussballverband CBF abgeschlossen, diese wären nun um und er werde ihn keinesfalls verlängern. „Ich wusste bereits, als ich die Seleção übernahm, dass ich vier Jahre bleiben werde. Und vier Jahre bin ich geblieben” so Dunga wörtlich.
Die Seleção soll laut dem CBF gemeinsam zunächst nach Brasilien zurückkehren. Der Abflug von Johannesburg ist für Samstagabend 21 Uhr Ortszeit geplant, am frühen Sonntagmorgen soll die Maschine gegen 2 Uhr brasilianischer Zeit Rio de Janeiro eintreffen. Für den Sündenbock Felipe Melo hatte Fussball-Legende Ronaldo auch gleich einen Tip parat. „Melo sollte seine Ferien besser nicht in Brasilien verbringen“ twitterte ehemalige Weltfussballer bereits kurz nach Spielende.