Die brasilianische Regierung scheint an der Bekämpfung von sklavenähnlicher Arbeit und Zwangsarbeit kein Interesse zu haben. Vom Arbeitsministerium ist am Montag eine Direktive veröffentlicht worden, mit der die Bekämpfung menschenunwürdiger Arbeitsverhältnisse erschwert wird.
Verlangt werden künftig unter anderem zusätzliche und tatkräftige Beweise, dass die Betroffenen unter Gewaltandrohung und mit Waffen daran gehindert wurden, den Ort zu verlassen. War bisher ein Bericht der zuständigen Aufsichtsbehörde zur Bekämpfung der Sklavenarbeit ausreichend, muss nun ebenso ein Polizeibericht vorgelegt werden. Damit müssen die betroffenen Arbeiter jedoch Anzeige erstatten.
Veränderungen hat es ebenso bei der „lista suja“, der Schmutzliste, gegeben. Über diese werden die Namen der Betriebe veröffentlicht, bei denen sklavenähnliche Arbeit nachgewiesen wurde. Künftig liegt die Entscheidung darüber, ob ein Betrieb in die Schmutzliste aufgenommen wird oder nicht, explizit beim Arbeitsminister.
Mit dem Erlass erfüllt Präsident Michel Temer einen langjährigen Wunsch der Agrarlobby. Die ist im Kongress stark vertreten. Temer benötigt derzeit deren Stimmen, um einen zweiten Prozess gegen ihn wegen Korruption und Behinderung der Justiz abzuschmettern. Die Landwirtschaft steht bei den Aufdeckungen von sklavenähnlicher Arbeit mit an der Spitze.
Die Bekämpfung der modernen Sklavenarbeit wurde von der Regierung auch durch Budgetstreichungen stark eingeschränkt. Kontrollen sind mangels Finanzmittel kaum mehr möglich. Wurden 2015 noch 155 Untersuchungen durchgeführt, sind es dieses Jahr bisher nur 18 gewesen. Unlängst entlassen wurde ebenso der Direktor der Aufsichtsbehörde.
Kritiker, Menschenrechtler und Staatsministerium sprechen von einem Skandal und der Verletzung der Konvention der International Labour Organization (ILO) der Vereinten Nationen.