Es war einer der letzten Tage im Haus ihres Vaters im Stadtteil Rocinha in Rio de Janeiro. Die 11-jährige spielte am Freitagnachmittag ein Videospiel im Wohnzimmer. Bald schon fängt die Schule an und dann lebt das Mädchen wie gewöhnlich bei ihrer Mutter. Doch seit dem heutigen Freitagnachmittag ist alles anders.
Es ist erst ein paar Stunden her, dass Ágata aufstand und zum Fenster ging. Es ist erst ein paar Stunden her, dass sie auf den unteren Teil des Stadtviertels hinabschaute. Und es ist erst ein paar Stunden her, dass einige Kugeln das Fenster durchschlugen.
Im unteren Teil von Rocinha, einem der grössten Brennpunkte der Millionenmetropole und einer der grössten Favela Südamerikas, tobte ein blutiger Krieg. Spezialeinheiten suchten einen lokalen Anführer der Drogenmafia, lieferten sich Feuergefechte, beschlagnahmten Waffen und Drogen. Den Anführer haben sich nicht gefunden. Allerdings einen aufgebrachten und verzweifelten Vater, der mit ansehen musste, wie seine Tochter getroffen im eigenen Wohnzimmer zu Boden fiel.
Schon jetzt – wenige Stunden nach dem Vorfall – erklärte die Polizei, dass die Projektile aus keiner der polizeilichen Waffen stamme. Mehrere Abteilungen der Behörden überprüfen dies nun. Dem Vater wird es nicht helfen vielleicht irgendwann zu wissen, wer die Schüsse am Ende abgegeben hat. Das Verbrechen wird so oder so vermutlich ungesühnt bleiben.
Ágata Marques dos Santos, 11 Jahre, ist tot. Sie starb am 15. Februar 2008 durch eine „verirrte Kugel“ im eigenen Wohnzimmer in Rocinha – Rio de Janeiro – Brasilien.