Es herrscht Krieg in Mangueira. Brennende Autos und blockierte Strassen, Demonstranten werfen Steine auf Polizisten – Mangueira befindet sich am Rande des Ausnahmezustandes.
Nein, dies sind keine Bilder aus einem kleinen afrikanischen Bürgerkriegsland – auch wenn es so aussehen mag. Dies sind Bilder aus Rio de Janeiro, Brasilien. Mangueira ist eine Favela in der Millionenmetropole unter dem Zuckerhut. Und dort herrscht Krieg. So titeln es die Medien, so titele ich es. Zu beschönigen gibt es nichts. Auslöser war eine Polizeiaktion im Viertel. Dabei wurde ein lokaler Drogenboss bei einem längeren Schusswechsel getötet. Danach suchte die Eingreiftruppe nach weiteren Mitgliedern der Drogenmafiea. Anwohner und Geschäftsinhaber – die abermals ihre Läden schliessen mussten – protestierten gegen das Eindringen der Beamten, in der Folge eskalierte die Gewalt. Und der Krieg auf der Strasse begann.
Eigentlich habe ich schon keine Lust mehr, über die ständige Gewalt zu schreiben. Sie ist Teil meines Alltags, glücklicherweise nur durch TV und Internet, aber doch allgegenwärtig. Im Angesicht der vielen täglichen Toten stumpft man ab – will nicht mehr berichten. Beim Mittagessen der Bericht im TV, wo ein Schüler in Londrina seine Lehrerin mit einer Eisenstange fast ins Krankhaus geprügelt hat. Nachmittags die Meldung, dass wieder Kinder Opfer von Schiessereien wurden. Nun die Bürgerkriegs-Fotos aus Mangueira. Es nimmt kein Ende. Und doch muss ich es veröffentlichen. Und nicht zum letzten Mal.
Soeben lese ich noch, dass der jüngste Täter des grausam zu Tode geschleiften sechsjährigen Jungen in Rio de Janeiro eigentlich keine Strafe zu erwarten hat. Der 16-jährige wird zwar eine Jugendstrafe von drei Jahren bekommen, könnte aber bereits nach 4 Monaten auf Bewährung entlassen werden. Nach Haftantritt wird der jugendliche Straftäter alle 4 Monate von Psychologen untersucht, die dann ein entsprechendes Gutachten ausstellen. Wenn nicht beim ersten Mal, dann vielleicht beim zweiten oder dritten Mal. Die drei Jahre wird der Mörder wohl kaum absitzen müssen.
Fotos: O Dia Online