Die polizeiliche Gewalt nimmt in Brasilien zu. Das zeigt ein Bericht der Human Rights Watch (HRW). Danach hat sich die Zahl der Menschen, die bei Polizeiaktionen ums Leben gekommen sind fast verdoppelt. Zwischen Januar 2012 und Juni 2014 sind bei der internationalen Organisation zudem über 5.400 Anzeigen wegen Folter, Grausamkeit sowie menschenunwürdiger und verachtender Behandlung eingegangen.
Bilder von Polizisten, die Demonstranten, Journalisten und selbst Unbeteiligten Tränengas direkt ins Gesicht sprühen, haben im Juni 2014 für Aufsehen gesorgt. Auch Human Right Watch weist in seinem Bericht auf die Gewalt der Sicherheitskräfte bei den Protesten hin, welche die Fußballweltmeisterschaft begleitet haben. Die Grenzen werden allerdings in vielen Bereichen überschritten. Die Menschenrechtsorgansiation spricht sogar von einem „chronischen Problem“ der Folter von Häftlingen. Von den 5.431 bei der Organisation eingegangen Anzeigen beziehen sich 84 Prozent auf die Verletzung der Menschenrechte von Häftlingen. Genannt werden dabei unter anderem Schläge, sexuelle Gewalt und massive Einschüchterungsversuche.
Zu einem Prozess gegen die gewalttätigen Polizisten kommt es indes selten und wenn, dann oft erst Jahre später, wie die Erstürmung des Gefängisses Carandiru zeigt. Im Jahr 1992 hatten Militärpolizisten in der Haftanstalt ein Blutbad angerichtet und 111 Häftlinge erschossen. Die 73 daran beteiligten Polizisten sind allerdings erst 2013 und 2014 verurteilt worden. Beanstandet werden ebenso menschenunwürdigen Zustände, mangelnde hygienische Bedingungen und die Überbelegung der Haftanstalten, die als „mittelalterlich“ bezeichnet werden.
Nahezu ungeahndet bleiben auch die Übergriffe und Morde bei polizeilichen Einsätzen. Durchschnittlich kommen in Brasilien sechs Menschen pro Tag durch Polizeikugeln ums Leben. Allein 2013 wurden bei den Einsätzen über 2.200 Menschen getötet. In den meisten Fällen berufen sich die Polizisten darauf, dass die Opfer Widerstand geleistet hätten. Aufnahmen von Sicherheitskameras belegen jedoch oft das Gegenteil, wie im Fall einer jungen Frau, die sich in einem „verdächtigen“ Auto befand. Ohne Vorwarnung wurde auf dieses das Feuer eröffnet. Die Studentin starb noch vor Ort. Mit 728 Toten durch Polizeigewalt bei Einsätzen führt São Paulo die traurige Statistik an, während es 2013 noch 369 waren. Gestiegen ist die Zahl auch in Rio de Janeiro von 416 Toten auf 582. Angesichts dessen spricht Human Right Watch von einem erschreckenden “Instrument zur Bekämpfung der Kriminalität”.