Die Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Drogenmafia nehmen in Rio de Janeiro immer drastischere Formen an. Von normaler „Kriminalitätsbekämpfung“ kann schon lange nicht mehr die Rede sein, Bewohner der Metropole unter dem Zuckerhut sprechen schon offen von „Bürgerkrieg“, Staatspräsident Lula bezeichnete die gewalttätigen Aktionen der Banden erst kürzlich als „terroristische Aktivitäten“.
Nach den schlimmen Ausschreitungen mit mehr als 20 Toten in der letzten Woche des vergangenen Jahres war es wieder etwas ruhiger in Rio de Janeiro geworden. Zwar geriet die Stadt durch zahlreiche Überfälle auf Touristen wieder in die Schlagzeilen, doch massive Konfrontationen blieben aus.
Gestern änderte sich dies allerdings wieder. Eine Hundertschaft einer Spezialeinheit besetzte die Favela „Mangueira“ im Norden der Stadt. Im Verlauf des Tages konnte die Polizei dort Schusswaffen, Munition und Drogen wie Crack und Haschisch beschlagnahmen. In diesem Zusammenhang kam es zu Schusswechseln, wobei drei angebliche Drogendealer getötet und zwei weitere schwer verletzt wurden. Zudem wurden drei mutmassliche Bandenmitglieder festgenommen.
Die Anwohner des Viertels beschwörten daraufhin, dass es abermals Unschuldige durch einen „willkürlichen Polizeieinsatz“ getötet wurden, darunter sei auch ein Kind gewesen. Aus Protest zündeten sie kurz darauf zwei Linienbusse und einen PKW an, die alle völlig ausbrannten. Verletzt wurde dabei niemand. Geschäfte des Viertels schlossen jedoch ihre Läden, Strassen waren teilweise menschenleer.
Die Polizei wiederum behauptet nun, dass sich unter den „Anwohnern“, die für die Brandstiftung verantwortlich wären, mit Sicherheit Mitglieder der örtlichen Drogenmafia befunden hätten. Erst am vergangenen Freitag, so ein Polizeisprecher, wäre der Anti-Drogeneinheit mit der Beschlagnahme von 2.5 Tonnen Haschisch und der Festnahme von drei Verdächtigen ein grosser Schlag gegen den Drogenhandel in „Mangueira“ gelungen. Die Favela ist international bekannt für seine höchst erfolgreiche Sambaschule, die auch dieses Jahr wieder beim Carnaval präsent sein wird.
Zur Stunde hat sich die Lage beruhigt. Erst wenige Stunden vor den Ausschreitungen hatte Rios Gouverneur Sérgio Cabral Filho die „Sondereinheit für öffentliche Sicherheit“ präsentiert, die von jetzt an bis zu den panamerikanischen Spielen im Juli diesen Jahres die Sicherheit in der Millionenmetropole gewährleisten soll. Der reguläre Dienst der 300 Mann starken Einheit soll am kommenden Donnerstag beginnen.