Ein Aufstand in einem Gefängnis im Süden Brasilien hat bislang mindestens vier Todesopfer gefordert. Zahlreiche Häftlinge haben sich am Sonntagmorgen in dem Staatsgefängnis von Cascavel im Westen Paranás gegen die Wörter erhoben. Die Kriminellen brachten zunächst ein Stockwerk in ihre Gewalt und nahmen zwei Wärter als Geiseln. Bei den Ausschreitungen im Zellentrakt wurden vier Mithäftlinge getötet, zwei davon brutal enthauptet. Die anderen beiden sollen kurz darauf vom Dach gut 15 Meter in die Tiefe gestoßen worden sein.
Bereits am Sonntag hatten erste Verhandlungen zwischen den Häftlingen und der Polizei begonnen, waren jedoch am Abend ergebnislos unterbrochen worden. Nach letzten Informationen fordern die Aufständischen, die sich vermummt auf dem Dach des Gefängnisses zeigten, erleichterte Besuchsregeln, mehr Dialog mit der Gefängnisleitung sowie bessere Mahlzeiten und Hygienebedingungen. Wie viele andere Haftanstalten in Brasilien dürfte auch das Gefängnis in der Stadt nahe des Dreiländerecks Brasilien, Argentinien und Paraguay hoffnungslos überfüllt sein.
Letztendlicher Auslöser für die Krawalle dürften jedoch keineswegs die nun gestellten Forderungen nach Verbesserungen der Haftbedingungen gewesen sein. Ermittler gehen vielmehr davon aus, dass der Aufstand durch die „Primeiro Cpmando Capital“, das „erste Haupstadtkommando“ initiiert wurden. Die unter dem Kürzel PCC bekannte Verbrecherorganisation kontrolliert den Waffen- und Drogenhandel der Megacity São Paulo und wird von den Behörden als Terrororganisation klassifiziert. Viele Anführer sitzen zwar in Haft, leiten die Organisation jedoch weiter aus den Gefängnissen heraus. Auch in Cascavel wurde die Fahne der Organisation nach der Besetzung des Daches durch die Häftlinge gehisst.
Zahlreiche der über 1.000 Insassen der Haftanstalt konnten aus anderen Zellentrakten bereits verlegt werden. Darunter befand sich auf eine Gruppe von 77 Häftlingen, die konkret von der PCC bedroht wurden, da sie einer anderen Fraktion angehören sollen. Nach Angaben der Gefängnisleitung waren beim Ausbruch der Rebellion lediglich zehn Wärter im Einsatz. Die Aufständischen hatten daher leichtes Spiel und konnten neben den Gewaltakten auch zahlreichen Sachschaden anrichten. 80 Prozent des Gefängnisses, welches erst 2007 eingeweiht wurde, sollen inzwischen beschädigt sein.
Angehörige der Insassen kritisieren derweil massiv die Informationspolitik der Behörden. Um Gehör zu finden, blockierten die Familien mittlerweile mehrfach eine nahe gelegene Bundesstraße und sorgten für massive Behinderungen im Fernverkehr. Die Straße durchquert der gesamten Bundesstaat und verbindet unter anderem die Grenzstadt Foz do Iguaçu mit der gut 600 Kilometer entfernten Hauptstadt Curitiba. Die Verhandlungen mit den Aufständischen wurden auch am Montagnachmittag fortgeführt.
Immer wieder kommt es in Brasilien zu Aufständen in den Gefängnissen. Trotz zahlreicher Anstrengungen kann der Staat weder die Gewalt im Land selbst eindämmen noch menschenwürdige Haftbedingungen garantieren. Drakonische Strafen und fehlende Resozialisierungsprogramme verhindern in der Regel schon bei kleineren Delikten eine vernünftige Wiedereingliederung in die Gesellschaft. Vielmehr müssen sich die vornehmlich die jungen Straftäter in den Haftanstalten aus Angst um das eigene Leben den dort herrschenden kriminellen Gruppierungen anschließen.