Wenn am kommenden Montag Papst Franziskus in Rio de Janeiro eintrifft, dann wird die Welt einmal mehr Zeuge eines Spektakels in der Metropole unter dem Zuckerhut. Strömten zuletzt Ende Juni die Fußballfans beim Endspiel des Konföderationenpokals in die Stadt und werden im September bei Rock in Rio 2013 erneut über eine halbe Million Menschen dort den Ton angeben, so sind es in der nächsten Woche gleich erwartete zwei Millionen Gläubige und Pilger. Sie wollen gemeinsam mit dem Oberhaupt der katholischen Kirche unter dem wachen Blick von Rios Wahrzeichen, der gigantischen Jesus-Statue auf dem Corcovado, unter anderem an der Copacabana beten und dabei den Weltjugendtag begehen.
In der Sambametropole dürfte dann vermutlich das öffentliche Leben zum Stillstand kommen. Die schon zu normalen Zeiten unter einem Verkehrskollaps leidende Mega-City muss sich dann auch noch gigantischen Sicherheitsmaßnahmen beugen, zudem haben Aktivisten gerade zum Papstbesuch weitere Demonstrationen angekündigt. Und nicht zuletzt wollen hunderttausende einen Blick auf den Pontifex werfen und mit Autos, der U-Bahn, Bussen, Fähren und Flugzeugen in die Stadt einfallen. Dort soll sie, so verlautet es zumindest aus dem Vatikan, eine „starke Botschaft“ des ersten Kirchenoberhaupts aus Lateinamerika erwarten.
Und Papst Franziskus hat bereits ein erstes deutliches Zeichen nach Brasilien geschickt. In letzter Minute ließ er sein bereits im Mai festgelegtes Besuchsprogramm nochmals abändern und sorgte bei den Sicherheitsbehörden damit für helle Aufregung. Denn nicht per Helikopter geht es nach der Ankunft am Flughafen am Montagnachmittag (22.) zu der im Gouverneurssitz von Rio de Janeiro wartende Staatspräsidentin Dilma Rousseff, sondern mit dem offenen Papamobil. Und damit quer durch das vermutlich vor Menschen überquellende Zentrum. „Zuerst die Gläubigen, dann die Politiker“ – so darf man diese Botschaft durchaus verstehen.
Fünf Messen wird der Pontifex in Brasilien lesen, der Auftakt findet am Mittwochvormittag (24.) in Aparecida mit seiner gigantischen Basilika statt. Der im benachbarten Bundesstaat São Paulo gelegene Wallfahrtsort ist absolutes Pflichtprogramm, auch seine Vorgänger Papst Johannes Paul II. und Benedikt XVI. haben dort vor jeweils gut 15.000 Gläubigen fassenden Gotteshaus eine Predigt gehalten. Doch bereits am Abend ist er wieder in Rio de Janeiro und wird dort in einem Krankenhaus ein Therapiezentrum für Drogensüchtige einweihen.
Mit großer Spannung wird vor allem der Donnerstag (25.) erwartet. Nach der Überreichung des Stadtschlüssels besucht Papst Franziskus ein Armenviertel Nahe des berüchtigten Complexo do Alemão im Norden der Metropole besuchen. In der Favela Varginha, die zu dem größeren Komplex Manguinhos zählt, will sich der Pontifex ein Bild von der Lage machen und auf einem Fußballfeld die Anwohner begrüßen. Auf Absperrungen soll weitestgehend verzichtet werden, um der Bevölkerung den direkten Kontakt mit dem Papst zu ermöglichen. Der Erzbischof von Rio de Janeiro, Dom Orani Tempesta, hat den Programmpunkt bereits im Vorfeld als „Signal an die Welt“ bezeichnet.
Am Abend kommt es dann zum ersten Kontakt mit dem bereits am Dienstag beginnenden Weltjugendtag. An der Copacabana wird Papst Franziskus die aus aller Welt angereisten Jugendlichen begrüßen und eine Berufungsmesse feiern. Auch hier wird er die letzte Wegstrecke mit dem Papamobil zurücklegen. Auch am Freitag (26.) stehen die Jugendlichen im Vordergrund der Brasilien-Visite. Zunächst trifft sich Franziskus mit fünf Vertretern aus fünf Kontinenten, anschließend ist ein Gespräch mit jungen Strafgefangenen geplant. Nach einem Angelusgebet am Mittag nimmt der Pontifex dann auch sein Mittagessen mit Jugendlichen aller Kontinente ein. Am Abend kommt des Oberhaupt der katholischen Kirche erneut an die Copacabana und gemeinsam mit den Pilgern erneut den Weltjugendtag zu begehen.
Der Samstag (27.) beginnt mit einer Messe vor Bischöfen in der Kathedrale im Zentrum von Rio de Janeiro, anschließend hält Papst Franziskus im Stadttheater eine Ansprache vor Geistlichen, Politikern und anderen Würdenträgern. Nach einem gemeinsamen Mittagessen mit Vertretern der brasilianischen Bischofskonferenz geht es hinaus in das vor den Toren von Rio gelegene Guaratiba zum absoluten Höhepunkt des Weltjugendtages. Dort wird der Pontifex am Abend zunächst der Vigilfeier beiwohnen. Es ist die „Nachtwache“ vor dem letzten großen Gottesdienst am Sonntagvormittag (28.), zu dem bis zu zwei Millionen Gläubige erwartet werden.
Als letzter Programmpunkt ist ein Treffen mit Voluntären des Weltjugendtages vorgesehen, bevor Papst Franziskus am Sonntagnachmittag die Rückreise nach Rom antritt. Untergebracht ist der Pontifex während seiner Brasilienreise in der Residenz Assunção im Studienzentrum von Sumaré. Dort war auch schon Johannes Paul II. bei seinen Besuchen 1980 und 1997 zu Gast.
Ungeachtet des gigantischen Polizeiaufgebots und den drohenden Massenprotesten rechnet der Vatikan mit keinen Störungen im Programmablauf. „Wir gehen gegenwärtig davon aus, dass es keine besonderen Konsequenzen oder Unannehmlichkeiten geben wird“, sagte Vatikansprecher Federico Lombardi am vergangenen Mittwoch. Ob der Papst bei seiner ersten Auslandsreise die innenpolitische Lage in Brasilien ansprechen wird, ließ Lombardi offen.
Der Weltjugendtag wird am Dienstag (23.) offiziell von Rios Erzbischof Orani Tempesta eröffnet. Der Pontifex nimmt daran nicht teil, er verbringt den gesamten Tag ohne Termine im Studienzentrum Saumaré, wohl auch um sich von der strapaziösen Reise etwas zu erholen und auf das fünftägige Mammutprogramm vorzubreiten.