Die Kinder sitzen unter Regenschirmen an ihren Tischen, auf dem Boden steht zentimeterhoch das Wasser. Diese Bilder aus einer öffentlichen Schule in Imperatriz im Bundesstaat Maranhão empören derzeit ganz Brasilien. Und brachten die Lehrerin, welche die Aufnahmen auf ihrem privaten Facebook-Account veröffentlichte, in große Schwierigkeiten. Nur wenige Tage nach Bekanntwerden des Falles wurde sie kurzerhand suspendiert. Mangelnde Ethik wurde ihr von der Direktorin vorgeworfen, auch das Bildungssekretariat der im Norden Brasiliens gelegenen Stadt befürwortete zunächst die Strafmassnahme.
„Ich habe nichts unrechtes getan. Ich wollte nur auf die Situation aufmerksam machen. Ich habe weder den Namen der Schule noch beteiligte Personen benannt und es privat gepostet. Ich kann bei so einer Situation nicht einfach die Hände in den Schoß legen“ verteidigt die 24-jährige Geschichtslehrerin Uiliene Araújo ihre Aktion. Für sie ist die Suspendierung ohne Frage eine „Vergeltung“ für die Veröffentlichung der beschämenden Bilder, die einmal mehr die prekäre Bildungssituation in weiten Teilen des größten südamerikanischen Landes demonstrieren.
Zehntausende Menschen in Brasilien haben die Fotos inzwischen gesehen, zahlreiche Zeitungen und Blogs verfolgen die Entwicklung. Auch einige TV-Sender hatten sich der Thematik angenommen und somit landesweites Interesse an dem Fall ausgelöst. Dies veranlasste den Bürgermeister der Stadt mit rund 250.000 Einwohnern, die Suspendierung nun vorläufig erst einmal wieder aufzuheben. Sämtliche öffentlichen Schulen sollen nun überprüft, die notwendigen Reparaturarbeiten unverzüglich eingeleitet werden.
Direktorin Ivone Carvalho muss sich inzwischen kritische Fragen gefallen lassen. Angeblich habe sie von dem Vorfall erst durch das Internet erfahren und sei von der Lehrerin nicht informiert worden. Diese „fehlende Ethik“ habe sie veranlasst, Araújo zu suspendieren. Es darf jedoch mehr als bezweifelt werden, dass eine Schuldirektorin keine Kenntnis von den Löchern im Dach ihrer Bildungseinrichtung hat.
Die junge Lehrerin, die zur Wahrung ihrer Rechte inzwischen die Justiz eingeschaltet hat, widerspricht zudem der Version der Schulleiterin. „Nachdem ich die Fotos gemacht habe, bin ich zum Direktorat. Ich habe es ihr [der Direktorin] erzählt und sie hat mich gefragt, ob ich die Fotos veröffentlichen wolle. Ich habe gesagt, dass ich dies tun würde. Sie wusste es also von Anfang an. Ich habe das Recht auf Meinungsfreiheit. Sie hat mir vorgeworfen, ich wollte das Image der Schule beschädigen“ so Araújo.