Der oberste Gerichtshof von São Paulo hat das Urteil gegen den Polizei-Oberst der Reserve, Ubiratan Guimarães, der wegen des Massakers im Gefängnis Carandiru zu 632 Jahren Haft verurteilt wurde, aufgehoben. 1992 war der Oberst verantwortlicher Leiter der Invasion der durch eine Meuterei ausser Kontrolle geratenen Haftanstalt. Dabei kamen 111 Insassen durch über 500 Kugeln zu Tode.
Guimarães ist bislang der Einzige, der wegen dieses Vorfalls verurteilt wurde. Weitere 120 Polizisten werden ebenfalls noch formal beschuldigt und in anderen Prozessen verhandelt. Die Haftstrafe wurde im Juni 2001 wegen 105 Fällen des vorsätzlichen Totschlags Todesfällen und 5-fachen versuchten Totschlags ausgesprochen. Dieses Urteil erklärten die 25 Richter nun für nichtig, da damals die Geschworenen falsch interpretiert worden seien. Sie hätten Guimarães, der im übrigen politische Immunität besitzt, eigentlich freisprechen wollen. Der Anwalt, dessen Mandant nicht einen Tag im Gefängnis verbrachte, erklärte nach Verkündigung, dass sich nun das bestätigen würde, was immer gesagt worden wäre. Oberst Ubiratan hätte niemals den Befehl zum töten gegeben und streng seine schwierige Aufgabe erfüllt.
Zu der damaligen Zeit war das Gefängnis hoffnungslos überbelegt. Im Zellenblock 9 kam es zu einem Aufstand, wobei sich die Gefangenen in ihrem Block verbarrikadierten. Die von Guimarães geleitete extrem blutige Niederschlagung des Aufstandes – Polizisten hatten das Gebäude gestürmt und wahllos auf alles geschossen, was sich im Inneren des Zellenblocks 9 bewegte – empörte weltweit die Öffentlichkeit. Im Jahre 2002 wurde das Gefängnis endgültig geschlossen und inzwischen teilweise abgerissen. Die Geschichte des Massakers wurde auch inzwischen unter dem Namen „Carandiru“ verfilmt.