Umgangssprachlich kenne ich das Wort „Quilombo“ aus Paraguay. Ein Ort voller Chaos, Schmutz, Gewalt, Sex und absoluter Niveaulosigkeit. In Asunción wo ich ja drei Jahre lebte, war ein „Quilombo“ eine heruntergekommene Bar, Kaschemme, voll mit billigen Nutten, Alkoholikern und noch billigerem Schnaps. Ein Ort, wo man nicht hingeht.
Doch in Wahrheit ist ein „Quilombo“ viel mehr und hat einen traurigen historischen Hintergrund. Es sind Zuchfluchtsstätten von Sklaven. Diejenigen verschleppten Schwarzafrikaner, die den reichen Plantagenbesitzern in Brasilien entkommen konnten, bauten sich irgendwo in der Wildnis kleine Dörfer mit Bretterbuden und versuchten unentdeckt in Freiheit zu überleben. Logischerweise nicht auf eigenem Land. Und hier fingen dann nach und nach die Probleme an. Heute versucht man, diese Dörfer, wo die Menschen oft noch ohne Strom, Kanalisation und selten mit fliessendem Wasser in bitterer Armut leben, zu legalisieren. Zuoft sollten in den letzten Jahren die Nachkommen der Sklaven nach Generationen von dem damals illegal besetzten Land nun vertrieben werden. Dann blieben ihnen nur die Slums der Grossstädte. Durch eine Anerkennung eines „Quilombos“ kommt zwar nicht das grosse Geld in das Dorf, jedoch dürfen die Bewohner auf stärkere Akzeptanz der übrigen Bevölkerung hoffen. Und auf ein bisschen mehr Zivilisation. Und sie haben, wie man so schön sagt, Planungssicherheit. Sie können nun versuchen, sich etwas aufzubauen. Für sich und die nachfolgenden Generationen.
Jetzt hat Brasilien damit begonnen, sich ein wenig um die Schicksale der Sklaven zu kümmern. Über 100 Jahre nach Abschaffung der Slaverei.
- Quilombos in Brasilien (Deutschlandfunk)
- Quilombo (Wikipedia)
- Reportage über ein Quilombo in São Paulo (SWR)
- Tag des schwarzen Bewusstseins (Musikwerkstatt)