Parlament von Santa Catarina verabschiedet umstrittenes eigenes Umweltgesetz

Datum: 01. April 2009
Uhrzeit: 12:59 Uhr
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Autor: Dietmar Lang
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mata-ciliarDas Parlament im brasilianischen Bundesstaat Santa Catarina hat nach langer Diskussion am gestrigen Dienstagabend ein umstrittenes eigenes Umweltgesetz verbschiedet. Dieser „Código Estadual do Meio Ambiente“ ändert das in ganz Brasilien geltende Bundesgesetz zum Schutz der brasilianischen Wälder ab und ist daher nicht nur vom Inhalt sondern auch in seiner Gültigkeit umstritten. Grösste Differenz besteht thematisch in der Zuweisung der Schutzzonen des Mata Ciliar (mehr…), Reste des atlantischen Regenwaldes entlang von Flüssen, welcher seit vielen Jahren dauerhaft unter Schutz steht.

Durch die Neuregelung würde der Besitz und die Bewirtschaften der Flächen von rund 26.000 Bauernhöfen auf einen Schlag legalisiert. Denn diese verstossen derzeit gegen das entsprechende Bundesgesetz, welches eine Schutzzone von 30 Metern entlang der Flüsse vorsieht. Dieser „Mata Cliliar“ darf eigentlich keinesfalls zerstört werden, in vielen Fällen ist er jedoch kaum noch vorhanden. In Santa Catarina würden durch das neue Gesetz wesentlich geringere Grenzen gezogen: lediglich 10 Meter bei Ländereien von über 50 Hektar und nur 5 Meter bei Grundbesitz von weniger als 50 Hektar.

Wer sich jedoch bislang an das im fernen Brasília verabschiedete Gesetz gehalten hat, profitiert keinesfalls von der Neuregelung. Mata Atlântica, der die neuen Abmessungen überschreitet, darf keinesfalls abgeholzt werden und geniesst weiterhin Bestandsschutz. Als Ausgleich für die betroffenen Landwirte sieht die Gesetzeninitiative die Gründung eines Fonds vor. Agrarbetriebe, die mindestens 20 Prozent geschützte Flächen ausweisen, sollen daraus entschädigt werden. Eine genaue Regelung sowie die Finanzierung sind jedoch noch nicht bis ins Detail ausgearbeitet.

„Es gibt Beispiele, wo Produzenten für ihre Kinder Flächen gekauft haben und diese nie abgeholzt wurde. Heute können diese nicht genutzt werden, es gibt keine Erträge und die Eigentümer stehen ohne Produktionsmöglichkeit da“ erläutert Marcos Zadron, Präsident des Genossenschaftsverbandes von Santa Catarina.

Für Umweltaktivisten ist das neue Gesetz ein Rückschritt. Besonders die Erhaltung der geschützen Randbereiche der Flüsse macht ihnen besonders Sorgen. Im Tal von Itajaí sind nach Angaben von Experten mittlerweile 90 Prozent des Mata Cilicar komplett für Weidland zerstört worden. Dies erhöhe stetig die Gefahr von Überschwemmungen, Erdrutschen und Austrocknungen.

Die Zustimmung des Parlaments wirft jedoch auch einige verfassungsrechtliche Fragen auf. Das brasilianische Staatsministerium erklärte mittlerweile, dass einige enthaltene Paragraphen gegen Bundesgesetze verstossen. Der Initiator der Vorlage, Romildo Titon, will davon nichts wissen. „Ich denke, wir bewegen uns innerhalb des Bereiches welcher uns erlaubt, nach der Realität vor Ort zu entscheiden. Der Kongress stellt allgemeine Regeln auf. Und er kann kein Gesetz beschliessen, welches in allen brasilianischen Bundesstaaten gültig ist, wenn dort unterschiedliche geografische und klimatische Bedingungen so wie unterschiedliche Ökosysteme vorhanden sind“ verteidigt er den Gesetzentwurf.

Landwirte aus rund 120 Gemeinden des im Süden Brasiliens gelegenen Bundesstaates kamen in die Bezirkshauptstadt Florianópolis, um der Abstimmung beizuwohnen. Diese verzögerte sich nach endlosen Debatten bis in die späten Abendstunden. Am Ende stimmten 31 Abgeordnete dafür, sieben Parlamentarier waren abwesend. Damit das neue Gesetz gültig wird, bedarf es jedoch noch der Zustimmung des Gouverneurs Luiz Henrique innerhalb der kommenden 30 Tage.

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