Der 5-Minuten-Hagel im warmen Winter von Toledo

Datum: 07. August 2008
Uhrzeit: 00:14 Uhr
Leserecho: 2 Kommentare
Autor: Dietmar Lang
Sprachkurs Portugiesisch (Brasilianisch)

Es ist ein warmer Winterabend mit etwa 20 Grad in Toledo, Paraná im Süden Brasiliens. Der brasilblogger hat gerade ein paar Würstchen und ein kleines Steak auf dem Grill, als sich ein Gewitter durch Wetterleuchten in der Ferne ankündigt. Noch ist der Himmel sternenklar, die Mondsichel steht am Himmel und die Blätter der Bäume gegen kaum einen Laut von sich, es ist fast windstill.

Plötzlich durchzieht ein erster gewaltiger Donnerschlag die Region, doch kurz darauf ist abermals nur das Leuchten der Blitze in der sich nähernden Wolkendecke auszumachen. Dann fallen auf einmal dicke Tropfen vom Himmel und das Steak auf dem Grill unter freiem Himmel wird heute ‚medium‘ gegessen.

Doch so schnell die Tropfen kamen, so schnell ist es auch wieder vorbei. Und trügerische Stille stellst sich für die kommenden 30 Minuten ein. Unbeobachtet vom brasilblogger, der in der Küche mit seiner Tochter das Abendessen verzehrt, schiebt sich eine Naturgewalt in Richtung Toledo, die vermutlich eine Schneise der Verwüstung hinterlässt.

Inzwischen ist die Tochter im Bett, es ist kurz nach 21 Uhr. Alles scheint vorüber, als plötzlich die Glühbirne flackert. Dann fällt der Strom für 1 Sekunde aus, der Spannungsausgleicher kann dies nicht abfangen, der Bildschirm des PCs erlöscht. Wieder flackert die Glühbirne und dann folgt ein dumpfer Schlag. Als ob ein Stein auf ein Wellbechdach schlägt. Ein weiterer Schlag. Noch heftiger. Was ist los? Was passiert gerade? Der brasilblogger stürzt zur Tür, Regen peitscht ihm entgegen.

Es hagelt. Und zwar fast senkrecht. Das Unwetter kommt aus dem Osten, aus Richtung Paraguay, hinauf auf die paranaensische Hochebene mit ihren gut 600 Metern und es schlägt unerbittlich ein. Ein Halgelkorn durchschlägt wie ein Projektil aus einer Schusswaffe mit scheinbarer Leichtigkeit eine 4mm dicke Eternitplatte des Carports. Auf dem Dach des Hauses sind selbige Platten montiert. Haben sie gehalten? Erst morgen wird man es sehen können.

Im ganzen Haus dröhnt es inzwischen. Jeden Augenblick mag das Wasser die Wände herunterlaufen, das Dach einem schweizer Käse ähneln. Dann hört es auf. So schnell wie es gekommen ist, ist es vorbei. Keine 5 Minuten hat es gedauert und durch die letzten Regentropfen ist schon wieder der Mond zu sehen. Auf der Strasse rauscht natürlich weiterhin das Wasser hinunter, trotz einer gut funkionierenden Kanalisation. Doch diese kann die sinflutartigen Regenfälle weniger Minuten nicht mehr aufnehmen.

Und überall ist Hagel zu sehen. Sie sind nicht extrem gross, sie sind auch nicht in Massen erschienen, aber sie waren zumindest an einer Stelle zerstörerisch. Es ist immer noch warm, vielleicht 2-3 Grad kühler wie vorher, aber nicht kalt. So schmilzt das Eis schnell und doch ist es gut zu sehen, dort wo der peitschende Wind aus Osten es an die Kante der Einfahrt gedrückt hat.

Es ist windstill, der Mond steht bleich am Himmel. Nur leise rauscht noch das Wasser die Strasse herunter. Im Südwesten sieht man nun abermals das Wetterleuchten, aber kein Grollen dringt herüber. In etwa 10 Minuten wird die Einfahrt bereits wieder weitestgehend trocken und der letzte Rest der eiskalten Gefahr verschwunden sein. Umso besser, dass es Fotoapparate gibt, welche die Naturgewalten festhalten können. 10 Minuten Powerwetter, denn wer wird sich morgen noch daran erinnern …

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Kommentarbereich

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  1. man kann lesen, wie das dich mitgenommen hat. ich finde, hier in brasilien sind die unwetter eh extremer. ich habe auch schon gewitter erlebt, da hatte ich richtig angst. du bist zum glueck vor noch groesseren schaeden bewahrt geblieben.

  2. 2
    Hans Kalisch

    Hallo Dietmar,
    kann mir Deinen Schock gut vorstellen.
    Aber hier ist das Wetter ja auch sehr extrem.
    Ein Tag Hochsommer mit 35 Grad, unerträgliche Schwüle.(gestern.)
    Am nächsten Tag Gewitter, Regen und 16 Grad.(heute)

    Man sieht, das Wetter ist wie die Menschen: unberechenbar, launisch, wechselhaft.

    Schöne Grüße nach Toledo

    Hans

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