Impfung gefährlicher als Gelbfieber?

Datum: 28. Januar 2008
Uhrzeit: 23:17 Uhr
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Autor: Dietmar Lang
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Soeben habe ich einen Artikel von Karl Weiss unter der Überschrift „Besiegte Krankheiten kehren zurück – Gelbfieber in Brasilien“ gelesen. Schon desöfteren habe ich auf interessante Artikel von ihm verlinkt oder auf sie aufmerksam gemacht – heute muss ich es aber aus einem anderen Grund machen.

Inhaltlich, und dabei spreche ich nicht von seiner persönlichen Meinung sondern von den vorliegenden Fakten, ist dort einiges auszusetzen. Für Korrekturen mag es mit Sicherheit zu spät sein, er ist nach Angaben auf der Webseite bereits in der Berliner Umschau in gedruckter Form erschienen.

Der Artikel vermittelt neben einer leicht verzerrten Darstellung der Ereignisse meines Erachtens den Eindruck, dass eine Impfung gegen Gelbfieber risikoreicher ist als die Infizierung mit selbigen. Karl Weiss erzählt dabei aus seiner eigenen Erfahrung.

1991 hatte sich der Berichterstatter bereits gegen Gelbfieber impfen lassen, weil eine touristische Reise ins Amazonasgebiet anstand. Wenige Tage nach der Impfung wurde er schwer krank und lag mit hohem Fieber und Schmerzen am ganzen Körper im Bett. Das ging zwar nach ein/zwei Tagen vorbei, war aber doch beängstigend.

Er knüpft direkt an seine Historie an und ergänzt dies mit einer Aussage, welche dem Leser nicht vermittelt, ob dies nun seine Meinung ist oder die einer Gesundheitsbehörde.

Das ist eines der Probleme mit der Gelbfieber-Impfung. Die Impfreaktionen sind, individuell unterschiedlich, zum Teil äusserst schwer. Kindern und älteren Menschen wird darum von der Impfung abgeraten, wenn sie nicht unabdingbar ist.

Ich persönlich halte dies für wenig seriös. Die brasilianischen Gesundheitsbehörden ihrerseits empfehlen die Impfung mit dem Lebendimpfstoff 17D ab einem Alter von 9 Monaten mit einer Auffrischung im Alter von 10 Jahren.

95% aller Impfungen wirken in den Folgetagen. In rund 5% aller Fälle können Fieber auftreten. Personen mit Eiweiss- oder Gelantinallergie, sowie Schwangere und HIV-Positive sollten vor einer Impfung einen Arzt konsultieren. Gleiches gilt bei Säuglingen zwischen 6 und 9 Monaten. Allergische Reaktionen, Schockreaktionen oder Abwehrreaktionen des Körpers (Fieber) treten bei der normalen Bevölkerungsgruppe im Verhältnis 1:300000 auf, bei älteren Personen liegt das Verhältnis bei 1:50000.

Am Ende greift Karl Weiss dann noch einmal in sie grosse Suggestivkiste, ohne das wichtigste Faktum zu nennen:

Bei der Massenabfertigung zum Impfen ist es vorgekommen, dass Personen, die keine Erfahrung damit haben, zweimal geimpft wurden. Sie liegen heute im Krankenhaus. Aber auch nur einfach geimpfte mussten in grosser Zahl in die Krankenhäuser eingeliefert werden. Heute liegen in ganz Brasilien weit mehr Patienten im Krankenhaus wegen der Impfung als wegen des Gelbfiebers.

Sicherlich gibt es Fälle, wo sich Menschen innerhalb von 1 Woche zweimal haben impfen lassen. Dabei müssen sie aber auf jeden Fall den Impfschein vom ersten Mal daheim gelassen haben und/oder nicht verstanden haben, dass die Impfung für 10 Jahre anhält. Diese Ausnahmefälle wird es immer geben, dafür die „Massenabfertigung“ verantwortlich zu machen ist unfair gegenüber dem zahlreichen medizinischen Personal, welches für die Immunisierung der Bevölkerung sorgt.

Mittlerweile (Stand 28.01.08) wurden von den brasilianischen Gesundheitsbehörden 19 Gelbfieberfälle bestätigt, zehn Menschen starben bereits daran. Mit Sicherheit befinden sich, wie Karl Weiss es so schon ausgedrückt hat, einige dutzend Personen mehr aufgrund von Impfreaktionen in Behandlung. Nach vorliegenden Medienberichten sind es unter 50 Fälle bei über 3 Millionen Impfungen. Und von den betroffenen Personen wird vermutlich niemand daran sterben – ausgenommen einmal Überdosen durch vom Patienten verschwiegene Impfungen kurz zuvor – und damit sollte man es nicht mit den echten Erkrankungen vergleichen, wo die Todesrate bei über 50 Prozent liegt.

Karl Weiss sollte sich vielmehr überlegen und dies auch in seine Texte einfliessen lassen, wie die Situation in den brasilianischen Krankenhäusern heute aussehen würde, wenn in den vergangenen Jahren keine 100.000.000 (in Worten einhundert Millionen) Brasilianer und Brasilianerinnen kostenlos vom Staat geimpft worden wären.

>> Infos zur Impfung bei Kindern (port.)
>> Impfplan für Kinder (port.)
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>> Thema: Überdosis / Doppelimpfung (port.)
>> Normalisierung der Versorgung mit Impfstoffen (port.)

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