Brasilien ist eins der wenigen Länder, in denen der Schwangerschaftsabbruch verboten ist. Dennoch brechen nach Schätzungen jährlich 800.000 bis eine Million Brasilianerinnen ihre Schwangerschaft illegal ab. Viele Frauen bezahlen dies mit ihrem eigenen Leben. Nicht nur Frauenverbände fordern deshalb eine Legalisierung. Beim derzeitigen Wahlkampf wird das Thema von den Kandidaten indes vermieden.
Seit Jahren wird immer wieder über die Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs diskutiert, um dann wieder in Vergessenheit zu geraten. Neu aufgeflammt ist das Thema nun durch das Bekanntwerden zweier Todesfälle in Rio de Janeiro innerhalb nur eines Monats. Dass Frauen bei der Prozedur ums Leben kommen, ist indes keine Seltenheit. Es wird geschätzt, dass jährlich 200.000 Patientinnen während oder nach der Operation sterben. Vom öffentlichen Gesundheitssystem SUS wird die Zahl mit 12,5 Prozent angegeben.
Betroffen sind vor allem die ärmeren Schichten, da sich wohlhabendere Brasilianerinnen eine gut ausgestattete Klinik leisten können. Die Großteil der Frauen muss sich allerdings Hilfe in unzureichend ausgestatteten illegalen Einrichtungen und oft auch bei Pfuschern suchen. Beim jüngst bekannt gewordenen Todesfall soll ein falscher Arzt den Abbruch durchgeführt haben.
Per Gesetz ist in Brasilien ein Schwangerschaftsabbruch nur dann erlaubt, wenn die Frau vergewaltigt wurde, ihr Leben in Gefahr ist oder eine Anenzephalie des Kindes vorliegt. Wer dennoch die Schwangerschaft unterbricht, läuft Gefahr mit ein bis vier Jahren Gefängnis bestraft zu werden. Nach einer Erhebung der Gesundheitskommission Rio de Janeiros (Cremerj) gab es zwischen 2007 und 2011 gegen 334.000 Frauen strafrechtliche Prozesse.
Ärzte, Frauenverbände und auch das Zentrum für Gesundheitsstudien (cebes) treten indes für eine gesetzliche Regelung ein, die einen Abbruch bis zur 12. Schwangerschaftswoche über das öffentliche Gesundheitssystem gewährt. Gleichzeitig fordern sie eine frühzeitige sexuelle Aufklärung. Starken Gegenwind erhalten die Befürworter dabei von den Konservativen und Fundamentalisten. Auch wenn in Brasilien laut Verfassung Staat und Kirche getrennt sind, haben kirchliche Einrichtungen doch einen erheblichen Einfluss auf die Politik. Dies auch, da selbst im Parlament etliche Evangelikale und selbst Kirchenführer vertreten sind.