Wenn sich im Oktober die Vertreter von 50 Ländern und der Europäischen Union treffen werden, um über das Abkommen gegen die Biopiraterie zu entscheiden, wird das Land mit der größten Artenvielfalt der Welt nicht mit dabei sein. Die Rede ist von dem international ausgehandelten Protokoll von Nagoya, das von Brasilien bisher nicht unterzeichnet worden ist. In dem südamerikanischen Land stellt sich vor allem die starke Lobby der Großgrundbesitzer und Viehzüchter dagegen, da diese um ihre Unabhängigkeit fürchten. Umweltverbände, zahlreiche Gruppierungen der Zivilgesellschaft als auch Vertreter des Staatsministeriums fordern jedoch energisch die Ratifizierung des Abkommens.
Schon im Jahr 2010 hat die internationale Gemeinschaft in Japan das Protokoll über den Zugang zu genetischen Ressourcen und die gerechte Verteilung von Einnahmen, die durch deren Nutzen entstehen, ausgehandelt. Dass internationale Regeln gegen die Biopiratarie dringend notwendig sind, zeigt das Beispiel der Açaí. Obwohl diese eine typische Frucht einer Palme des brasilianischen Nordens ist und dort seit Jahrhunderten genutzt wird, ist deren Name und Nutzung 2003 in Japan patentiert worden. Erst nach mehrjährigen und schwierigen Verhandlungen gelang es, die Markenregistrierung wieder aufzuheben. Mit Hilfe des Abkommens, so die Befürworter, wäre es nicht mehr möglich, dass Ausländer ein Patent auf brasilianische Tier- und Pflanzenarten sowie das traditionelle Wissen um deren Nutzung erhalten.
Die Lobby der Großlandwirte führt indes als Gegenargument an, dass sie möglicherweise Royalties für ihre landwirtschaftlichen Produkte bezahlen müssten, da weder das Soja noch das Rind aus Brasilien stammt. Beide stellen jedoch die landwirtschaftlichen Haupteinnahmen der Großgrundbesitzer. Von den Befürwortern wird dem entgegen gehalten, dass sich das Abkommen nicht auf die Nutzung von Arten aus der Vergangenheit bezieht. Sie befürchten indes, dass Brasilien durch die Nichtunterzeichnung Nachteile entstehen könnten. Das größte Land Südamerika ist in letzter Konsequenz ebenso wie alle anderen Länder an das Protokoll gebunden, kann allerdings nicht bei den Verhandlungen wichtiger und strittiger Punkte mitdiskutieren oder mitentscheiden.