Manaus steht möglicherweise eine neue Jahrhundertflut bevor. Nach wochenlangen Regenfällen im Amazonasgebiet steigt der Rio Negro kontinuierlich an. Mit 29,07 Metern lag er am Sonntag nur noch 70 Zentimeter unter dem Rekord von 2009. Damals wurde mit 29,77 Metern im Hafen von Manaus der höchste Pegelstand seit Beginn der Aufzeichnungen vor über 100 Jahren registriert.
Doch schon jetzt hat das Hochwasser zahlreiche Stadtteile der Regenwaldmetropole erreicht, in einigen Straßen bewegten sich die Menschen am Wochenende mit Kanus und Schlauchbooten fort. Der Zivilschutz ist im Dauereinsatz, in der Stadt wurde offiziell der „Alarmzustand“ ausgerufen. Die Stadtverwaltung sieht sich jedoch für die Situation gerüstet. Nach eigenen Angaben existiert ein Notfallplan, der unter anderem den Bau von Behelfsbrücken, die Verteilung von Medikamenten und finanzielle Beihilfen für Flutopfer vorsieht. Der „Alarmzustand“ gilt zunächst für 90 Tage, kann jedoch um weitere 180 Tage verlängert werden.
Bislang gehen die Behörden davon aus, dass von einem weiteren Anstieg des Pegels zunächst nur etwa 18.000 Menschen in insgesamt elf tiefer gelegenen Vierteln betroffen wären. Im Großraum von Manaus leben rund 2 Millionen Menschen. Bürgermeister Amazonino Mendes will jedoch auf Nummer sicher gehen und hat bereits durch ein Dekret angeordnet, dass Behausungen in Risikozonen ohne Zustimmung des Besitzers mit sofortiger Wirkung enteignet werden dürfen. Auch der Schifffahrt drohen Einschränkungen, sollte das Wasser am schwimmenden Hafen vollständig über die Ufer treten.
Laut dem Geologische Dienst Brasiliens, der bereits im März eine erste Warnungmeldung für die Region veröffentlicht hatte, könnte das derzeitige Hochwasser eines der schlimmsten der letzten Jahre werden. Experten gehen davon aus, dass der Rio Negro in den kommenden Wochen sogar den Rekordwert von 2009 erreichen könnte. Der Schwarzwasserfluss kommt aus dem Norden Amazoniens und verbindet sich kurz darauf mit dem kaffeebraunen Rio Solimões zum mächtigen Amazonas.