Ein Indianerstamm in Brasilien hat die Rechte an ihrem Territorium für die stolze Summe von 120 Millionen US-Dollar an eine ausländische Kapitalgesellschaft verkauft. Diese berichtet die brasilianische Tageszeitung O Estado de S. Paulo in ihrer Sonntagsausgabe (11.). Demnach soll die Gemeinschaft der Mundurucu ihr 20.000 Quadratkilometer großes Territorium in der Gemeinde Jacaracanga im Bundesstaat Pará gleich für 30 Jahre dem Emmissionshändler Celestial Green Ventures überlassen haben.
Die Aktiengesellschaft mit Sitz in Irland erhofft sich durch den Millionendeal vor allem „Vorteile“ in Sachen Biodiversität. Zudem ist laut Vertrag uneingeschränkten Zugang zu dem Gebiet von der Größe Hessens im Norden des Landes geregelt. Für die kommenden drei Jahrzehnte hat sich hingegen die dort lebende indigene Bevölkerung verpflichtet, weder Anpflanzungen vorzunehmen noch Bäume zu fällen. Jede Maßnahme in dem Gebiet bedarf der Zustimmung von Celestial Green Ventures, einem der Markführer im CO2-Handel weltweit. In dem Sektor ohne klare Regeln kaufen Unternehmen entsprechende Emissions-Zertifikate und veräussern diese dann wiederum an große Verursacher von Treibhausgasen, die dadurch wiederum die Produktion trotz staatlicher Reduktionsauflagen halten oder sogar ausweiten können.
Im Amazonasgebiet wurden laut den Akten der staatlichen Indianerbehörde bislang mindestens 30 solcher nebulöser Verträge mit indigenen Völkern geschlossen. In mindestens 16 Fällen soll es sich bei dem Vertragspartner um Celestial Green handeln, womit die Gesellschaft mittlerweile Zugriff auf über 200.000 Quadratkilometer amazonischen Regenwaldes hat. Dies entspricht einer Fläche so groß wie die alte Bundesrepublik.
Die Vereinbarungen mit den ausländischen Gesellschaften sind in Brasilien nicht unumstritten. Vor allem im Umweltministerium und bei der Funai besteht die große Sorge, dass durch solche Verträge der Biopiraterie Tür und Tor geöffnet werden könnte. „Die indigenen Gruppen unterzeichnen oft Verträge, ohne zu wissen, was sie unterschreiben. Sie können nicht einmal einen Baum fällen, bereiten aber der Biopiraterie den Weg“ beklagte Funai-Präsident Marcio Meira die Situation nach Kenntnis des jüngsten Vertragsabschlusses.
Diese Befürchtungen hält man in Dublin für übertrieben. Die Verträge mit den indigenden Gemeinschaften würden nach internationalen Standards geschlossen und durchliefen einen „rigorosen Prozess“, in dem die Vertragspartner nach vorheriger und ausführlicher Information am Ende frei entscheiden könnten, so Ciaran Kelly, CEO von Celestial Green Ventures.