In Brasilien ist erstmalig seit seiner Entdeckung vor 29 Jahren wieder der Sereotyp 4 des Dengue-Virus entdeckt worden. Fälle durch den Krankheitserreger wurden in Boa Vista im Bundesstaat Roraima in Norden des Landes registriert. Um eine landesweite Ausbreitung zu Verhindern, will die brasilianische Regierung vor allem in der Grenzregion zu Venezuela die Bekämpfung des Überträgermoskitos Aedes Egypti verstärken. Dabei sollen auch Soldaten der nationalen Streitkräfte zum Einsatz kommen. Verteidigungs-, Aussen- und Gesundheitsministerium wollen in einem neu einberufenen Krisenstab eng zusammenarbeiten.
Vor 28 Jahren wurden in Brasilien erstmalig Sereotyp DEN-1 und DEN-4 isoliert im Bundesstaat Roraima registriert. Danach folgten fünf Jahre ohne jegliche bekannten Krankheitsfälle, bevor DEN-1 fast gleichzeitig in den sechs Bundesstaaten Minas Gerais, Rio de Janeiro, Alagoas, Ceará, Pernambuco und Bahia entdeckt wurde. 1990 fand der Sereotyp DEN-2 seinen Weg ins grösste Land Südamerikas, weitere zwei Jahre später wurden die ersten Fälle von Sereotyp DEN-3 gemeldet. Seit dieser Zeit haben sich DEN-1, DEN-2 und DEN-3 in sämtliche 26 Bundesstaaten und den Hauptstadtdistrikt ausgebreitet.
Sereotyp DEN-4 war in den letzten Jahren lediglich in 10 Ländern des amerikanischen Kontinents vertreten, unter anderem in Venezuela. Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO ist das Dengue-Fieber eine der endemischsten Krankheiten des Planeten. Rund 100 Millionen Menschen erkranken jährlich. Es gibt bislang keinen ausgereiften Impfstoff, einige ermutigende Forschungsergebnisse befinden sich derzeit allerdings in klinischen Testphasen. Ob sich jedoch vor allen Sereotypen sicher schützen können, wird erst in einigen Jahren feststehen.
In Brasilien wurde zuletzt mit 400.000 Fällen im Jahr 2008 ein neuer trauriger Rekord bei Erkrankungen durch Dengue für Lateinamerika aufgestellt. Nachdem im vergangenen Jahr die Krankheitsfälle signifikant sanken, greift der Erreger in diesem Jahr erneut dramatisch um sich. Alleine im ersten Halbjahr wurden insgesamt 788.809 Dengue-Fälle landesweit registriert. In zahlreichen Fällen entwickelte das „Knochenbrecherfieber“ die hämorrhagische Form, welche mit inneren Blutungen einhergeht. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres erlagen nach offiziellen Angaben 182 Menschen der Virusinfektion, die durch den Stich des auch tagaktiven Moskitos ausgelöst wird.
Der brasilianische Gesundheitsminister José Gomes Temperão zeigt sich derweil optimistisch, dass Brasilien für den Kampf gegen Sereotyp DEN-4 im kommenden Sommer gewappnet sei. Sein Ministerium will dafür bis zu umgerechnet 430 Millionen Euro für die Bekämpfung einer Ausbreitung investieren. Vor allem die Vorsorgemaßnahmen müssen dabei intensiviert werden. Brackwasser in weggeworfenen Autoreifen, Flaschen, Eimern aber auch stehendes Wasser in Blumenuntersetzern, verstopften Regenrinnen oder Abwasserkanälen dienen häufig als ideale Brutstätte für das Moskito, welches unter anderem auch Gelbfieber übertragen kann. Städtische Mitarbeiter, speziell geschultes Personal der Gesundheitsbehörden aber auch Soldaten sollen daher in den kommenden Monaten verstärkt von Haus zu Haus gehen, Gärten kontrollieren und die Bevölkerung sensibilisieren. Bei Auftreten eines Krankheitsfalles wird zudem sofort die nähere Umgebung des möglichen Ansteckungsortes mit entsprechenden Chemikalien gegen das Moskito besprüht.
Die erhöhte Gefahr durch den nun abermals in Land gelangte Sereotyp DEN-4 liegt gemäss Experten keinesfalls bei einer Ersterkrankung. Diese verläuft mit den anderen Sereotypen prinzipiell identisch. War jedoch ein Patient bereits mit einem der anderen Sereotypen infiziert, so fällt der Verlauf einer Erkrankung durch DEN-4 oftmals wesentlich stärker aus. Die Folge sind wesentlich mehr Fälle an hämorrhagischem Fieber und dadurch eine deutlich höhere Sterblichkeitsrate beim Patienten.
Bild: ABr | Tabelle: bras. Gesundheitsministerium