Bei den Samba-Paraden in Rio de Janeiro hat die Kritik an Gesellschaft und Politik gesiegt. Gewonnen hat Beija-Flor de Nilópolis. Sie hat bei ihrer Parade ein monströses Brasilien voller Gewalt, Korruption und Armut gezeigt. Den zweiten Platz belegt Paraíso do Tuiuti. Sie hat das neo-liberale System und die Ausbeutung kritisiert und die Frage gestellt, ob das Sklaventum tatsächlich abgeschafft worden ist.
Selten ist bei den berühmten Samba-Paraden in Rio de Janeiro so offene und harsche Kritik geübt worden, wie das dieses Jahr der Fall war. Beija-Flor ließ Ratten mit Koffern voller Geld aufziehen, zeigte das Gebäude des Ölkonzerns Petrobras, wie dieses sich angesichts der Korruption in Favelas verwandelt und stellte Gewalt, Armut und die extreme Ungleichheit des Landes realitätsnah dar. Das Publikum war indes nicht schockiert, sondern begeistert. Noch nach Beendigung der Parade hat es minutenlang den Samba-Enredo gesungen.
Paraíso do Tuiuti hat das Leid der versklavten Menschen beinahe spürbar erscheinen lassen. Auch von ihr wurde die Ungleichheit zwischen Arm und Reich angeprangert. Auf einem der allegorischen Wagen ließ Paraíso do Tuiuti zudem einen Vampir mit Geldkragen und der Präsidentenschärpe tanzen. In den sozialen Netzwerken ist das Vampir-Foto zum Renner geworden.
Bei der Auszählung der Noten am Mittwoch (14.) sah es zunächst nicht so aus, als würden die beiden kritischen Paraden gewinnen. Als das Ergebnis feststand, hieß es dann vielerseits der „grito do povo“ (Ruf des Volkes) habe gesiegt. Begleitet war die über eine Stunde dauernde Auszählung der Noten zudem von Rufen „Fora Temer“ (Raus Temer).