Die brasilianische Turnerin Natália Gaudio hat sich bei den Weltmeisterschaften der Rhythmischen Sportgymnastik 2015 in Stuttgart das begehrte Ticket für die Olympiade im kommenden Jahr gesichert. Die 22-jährige aus Espirito Santo beendete den viertägigen Wettkampf als beste Brasilianerin vor Mannschaftskollegin Angélica Kvieczynski, die in der Porsche-Arena keinesfalls an frühere Leistungen anknüpfen konnte.
Brasilien hat als Gastgeber einen Startplatz bei den kommenden Olympischen Spielen in Rio de Janeiro sicher. Die Regeln des Internationalen Gymnastikverbandes sehen dabei vor, dass die Nominierung an die Athletin mit dem besten Gesamtergebnis an den vier Geräten geht. Bei der nun dafür entscheidenden WM in Deutschland lag Gaudio mit 46,766 Punkten knapp vor der zweifachen Südamerikameisterin Kvieczynski, die nur auf für sie enttäuschende 46,649 Punkte kam.
Während Kvieczynski mit den Tränen rang und ihren lange gehegten Traum auf eine Olympia-Teilnahme begraben musste, hatte Gaudio allen Grund zum Jubeln. Seit den vergangenen panamerikanischen Spielen in Toronto, wo ihre Mannschaftskollegin noch deutlich die Nase vorn hatte und zwei Bronze-Medaillen mit nach Hause nehmen konnte, konnte sie ihre Leistungen überraschend deutlich steigern. Bereits bei der ersten Übung mit dem Reifen und 15,500 Punkten wurde die momentane Topform erkennbar. Mit dem Ball reichte es zwar nur zu 15,058 Punkten, dieses Ergebnis glich Gaudio jedoch mit den Keulen und 15,516 Punkten sowie ihrer Paradedisziplin mit dem Band und 15,750 Punkten aus.
„Ich kann es noch gar nicht fassen. Es ist wie ein Film, was sich hier abspielt“ so Gaudio überglücklich. „Als ich acht Jahre alt war und man mich nach meinem Traum gefragt hat, habe ich gesagt, einmal an den Olympischen Spielen teilnehmen zu wollen. Und heute ist dieser Traum wahr geworden. Mein Dank gilt meiner Trainerin Monika, die immer an mich geglaubt hat, und ohne sie wäre ich heute bestimmt nicht hier.“
Eine mögliche Olympia-Nominierung Gaudios hatte sich bereits am ersten Wettkampftag abgezeichnet. Kvieczynski hatte bereits mit dem Reifen und 15,333 Punkten Nerven gezeigt und fand sich daher in der Ergebnisliste gleich zu Beginn hinter Gaudio wieder. Auch mit Ball und 15,200 Punkten konnte sie nicht überzeugen und fiel dabei noch weiter zurück. Am dritten Wettkampftag patzte sie zudem mit den Keulen und 13,466 Punkten, spätestens jetzt blickte Brasilien mehr auf die bislang „ewige Zweite“ als auf die zehnfache Landesmeisterin. Auch wenn die 24-jährige aus dem Bundesstaat Paraná in der letzten Disziplin mit dem Band den Eklat vom Vortag vergessen machte und mit 16,116 Punkten endlich überzeugen konnte, in der Gesamtwertung, wo die schlechteste Wertung am Ende gestrichen wird, konnte sie sich nicht mehr an Gaudio vorbeischieben.
„Ich hätte mich so gerne für Olympia nominiert. Ich weiß, dass ich mehr bringen kann, als was ich hier gezeigt habe.“ so Kvieczynski enttäuscht. An ein Karriereende denkt sie aber nicht. „Wenn es schlecht läuft, dann denkt man gerne ans Aufhören. Aber 2017 sind die Südamerikameisterschaften, wo ich gerne den dritten Titel holen würde. Dann haben wir die panamerikanischen Spiele 2019 und die Olympiade 2020 in Tokio“ beschrieb die sympathische Sportlerin ihre Ziele für die kommenden Jahre.