Brasilien: Militante Landlose besetzen gewaltsam Ministerium

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Datum: 09. März 2009
Uhrzeit: 13:07 Uhr
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Autor: Dietmar Lang
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Vermummte Landlose protestieren gewaltsam in Brasilien

In Brasilien haben militante Aktivisten der radikalen Landlosenorganisation MST erneut ein Regierungsgebäude gewaltsam besetzt und erheblichen Sachschaden verursacht. Rund 300 zum Grossteil vermummte und teilweise mit Knüppeln und Macheten bewaffnete Frauen der Gruppierung „Via Campesina“ stürmten am frühen Montagmorgen die Eingangshalle des Landwirtschaftsministeriums in Brasília. Bei dem gezielten Gewaltakt gegen Staatseigentum zerbrachen Scheiben, die Eingangstür wurde beschädigt.

Die MST (Movimento dos Trabalhadores Rurais Sem Terra) ist bekannt dafür, häufig Gewalt als Mittel zur Durchsetzung ihrer Forderungen anzuwenden. Zuletzt wurden vor gut zwei Wochen seitens der äusserst umstrittenen Organisation vier Sicherheitskräfte umgebracht, die einen im Bundesstaat Pará gelegenen Bauernhof vor der Invasion der militanten Anhänger schützen wollten. Staatspräsident Luiz Inácio Lula da Silva kritisierte damals energisch das Vorgehen der MST, die behauptete, sie sei bei der Erstürmung angegriffen worden.

In Brasília dauerte die Besetzung des Ministeriums bis zur Mittagszeit an. TV-Bilder zeigten Aktivisten, die im inneren des Gebäudes mit vermummten Gesichtern grüne und rote Fahnen schwenkten. Ziel des Protestes war die Verhinderung ein vom Landwirtschaftsministerium vorgestelltes Entwicklungsprogramm für die Agrarwirtschaft, welches nach Meinung der Landlosenbewegung die Kleinbauern benachteiligt.

Aber auch für eine Wiederaufnahme der Agrarreform wurde im Rahmen der Besetzung demonstriert. Die Zuteilung von Grundbesitz an arme Kleinbauern ist in den vergangenen Jahren ins Stocken geraten, nachdem die MST immer brutaler und gewissenloser brasilianische Farmen illegal besetzte. In der Bevölkerung hat die brasilianische Landlosenbewegung, die mittlerweile fast nur noch als Synonym für Randale, Gewalt und Chaos steht, massiv an Sympathie verloren.

Die vermummten Anhänger forderten jedoch auch die Rücknahme einer Verordnung des Staatsministeriums des Bundesstaates Rio Grande do Sul, ihre Kinder zukünftig in öffentliche Schulen schicken zu müssen. Bislang hatte die MST in ihren Camps – notdürftig errichtete Lager entlang der Bundesstrassen ohne Zugang zu Strom, Wasser oder sanitären Einrichtungen – selbst Schulen eingerichtet. Die eingesetzten Lehrer wurden ebenfalls ohne Rücksprache mit dem Bildungsministerium von der Organisation ausgewählt, eine spezielle Ausbildung musste dabei nicht nachgewiesen werden. Zwar wurde nach Medienberichten auch Rechnen und Schreiben gelernt, der Unterrichtsstoff war jedoch extrem von der kommunistischen Ideologie der Organisation durchzogen.

Laut einer Pressesprecherin der MST sollte die Besetzung in Brasília zuerst den ganzen Tag andauern. Zudem wurden in mindestens fünf anderen Bundesstaaten weitere Aktionen durchgeführt. In Rio Grande do Sul besetzten die Landlosen eine Eukalyptusplantage fällten zahlreiche Bäume. In Espírito Santo stürmten Aktivistinnen einen Hafen und zerstörten aus Eukalyptus produzierte Zellstoffe. In São Paulo wurde ein Gelände in der Nähe einer Zuckerrohrverarbeitungsanlage besetzt und in Paraná forderte die MST mit einem Protestmarsch die Zuweisung eines Geländes für die derzeit im Bundesstaat verstreut campierenden 6.000 Familien.

Bereits im Jahr 2006 kam es zu einer gewaltsamen Stürmung eines Regierungsgebäudes in Brasília. Damals war der brasilianische Kongress Ziel des Angriffs, die Eingangshalle wurde vollständig verwüstet, militante Anhänger verprügelten Sicherheitskräfte und drangen bis in den Parlamentssaal vor.

Foto/Standbild: Reproduktion Rede Globo

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