Rund 300 Gäste eines der ältesten Hotels in Brasília, dem Hotel Nacional, wurden am gestrigen Samstag von der Justiz auf die Strasse gesetzt. Augenzeugen berichten von einer gezielten Räumungsaktion, bei denen die Gäste kaum Zeit hatten, ihre Koffer ordentlich zu packen. Manche verliessen das Hotel – so kann man in der brasilianischen Presse nachlesen – sogar im Morgenmantel.
Das Hotel Nacional existiert seit 1961, kurz nachdem die brasilianische Hauptstadt feierlich eröffnet wurde. In dem 5-Sterne-Haus logierten schon die englische Königin und der ehemalige US-Präsident Jimmy Carter. Viele brasilianische Politiker übernachten hier normalerweise, es ist das wohl traditionsreichste Hotel in Brasília.
Schon kurz nach Sonnenaufgang kamen Staatsanwälte, Polizisten und andere Behördenvertreter mit dem Räumungsbefehl. Viel zu früh für viele Gäste, die dadurch unsanft aus dem Schlaf gerissen wurden. Besonders an einem Samstag. Bei jedem der 347 Zimmer und Suiten wurde eine Benachrichtigung unter der Tür durchgeschoben, zudem wurde geklopft oder der Gast bekam einen Telefonanruf mit der überraschenden Nachricht, dass Hotel sofort verlassen zu müssen. Der Eigentümer des Gebäudes, die Banco Rural hatte einen seit 2004 andauernden Rechtsstreit gewonnen und wieder volle Handhabe über das Objekt erhalten. Die Grupo Canhedo, die das Hotel betreibt, schuldet der Bank seit drei Jahren etwa 1.2 Millionen R$ (rund 440.000 Euro).
Nun droht der Grupo Conhedo auch noch Ärger seitens der brasilianischen Verbraucherschutzbehörde Procon. Diese will nun ein Verfahren anstrengen, da das Hotel einseitig den Vertrag mit den Gästen gekündigt hat bzw. musste und diese nun gezwungen waren, sich nach einem anderen Hotel in der Stadt umzusehen. Und das die Gäste ihre teilweise bereits bezahlten Übernachtungskosten seitens des Hotels wiedererstattet bekommen, ist mehr als unwahrscheinlich.