Belo Monte: Norte Energia gewinnt Bieterverfahren für Staudamm-Projekt

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Datum: 20. April 2010
Uhrzeit: 16:23 Uhr
Leserecho: 1 Kommentar
Autor: Dietmar Lang
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Das Bieterverfahren um die Betriebsgenehmigung des im Amazonasbecken geplanten Megakraftwerks Belo Monte in Brasilien verwandelte sich am Dienstag zu einer Provinzposse. Fast minütlich entscheiden Gerichte über Recht oder Unrecht der für die geplanten Versteigerung der Konzession. Bis zum Nachmittag Ortszeit wurde das Verfahren mehrfach untersagt bzw. unterbrochen, am Ende konnte dann jedoch mit dem Konsortium „Norte Energia“ der Gewinner bekannt gegeben werden. Er erhielt mit einem Preis von 77,97 R$ je MegaWatt den endgültigen Zuschlag.

Lediglich die zwei Konsortien „Norte Energia“ (Nord Energie) und „Belo Monte Energia“ (Belo Monte Energie) hatten sich am Ende um die Lizenzen für das rund 11 Milliarden US-Dollar teure Staudamprojekt beworben. Die Regierung hatte dabei nicht nur die Gesamtkosten gedeckelt sondern auch den Maximalpreis für die später produzierte Energie festgelegt. Da dieser mit 84 R$ je MegaWatt vielen Firmen zu unrentabel erschien, waren grosse brasilianische Bauriesen wie Camargo Corrêa und Odebrecht frühzeitig ausgestiegen. In den Gesamtkosten sind zudem hohe Entschädigungs- und Ausgleichszahlungen vorgesehen, auch die notwendige Renaturalisierung der Region verschlingt Unsummen.

Anwohner, indigene Bevölkerungsgruppen der Region, Umweltschützer und Menschenrechtler kämpfen seit mehr als 30 Jahren gegen das Projekt, welches nach Willen der Regierung die Energieversorgung Brasilien in den kommenden Jahrzehnten sicherstellen soll. Kritiker sehen in einer möglichen Genehmigung des Projektes allerdings den Auftakt für viele weitere Wasserkraftwerke im Amazons, was unabsehbare Schäden für die Natur zur Folge hätte. Dementsprechend lautstark waren dann auch die Proteste am Hauptsitz der nationalen Energiebehörde Aneel. Greenpeace hatte in den frühen Morgenstunden eine Fuhre Kuhmist am Eingangstor abgeladen und mit Schildern „Belo Monte de Merda“ – „Ein schöner Berg Scheisse“ seine ablehnende Haltung demonstriert.

Mit der heute erfolgten Versteigerung dürfte jedoch noch lange nicht das letzte Wort gesprochen worden sein. Aktivisten haben auch weiterhin dem Projekt den Kampf angesagt, Belo Monte wird daher vermutlich auch weiterhin die brasilianischen Gerichte beschäftigen. Das brasilien Magazin versucht nachfolgend, die juristischen Geschehnisse der letzten Tage chronologisch zusammenzufassen.

08. April 2010

– Das Staatsministerium von Pará erhebt Einspruch gegen das Projekt. Zum einen würden die Rechte der dort lebenden Ureinwohner verletzt, zum anderen gäbe es Mängel in der Umweltgenehmigung seitens der Umweltbehörde Ibama.

14. April 2010

– Die oberste Justizbehörde von Pará untersagt nach intensiver Analyse der Eingabe des Staatsministeriums bezüglich der indigenen Rechte das für den 20. April 2010 geplante Bieterverfahren.

16. April 2010

– Die Energiebehörde Aneel sagt die Versteigerung ab.
– Die Regierung unter Staatspräsident Luiz Inácio Lula ruft den obersten Gerichtshof in Brasília an, der die einstweilige Verfügung
– Die Energiebehörde Aneel kündigt an, die Versteigerung wie geplant durchzuführen.

19. April 2010

– Das Staatsministerium von Pará geht bezüglich der Aufhebung des Verbots der Versteigerung aufgrund Verletzung indigener Rechte in Berufung.
– Die oberste Justizbehörde von Pará untersagt das Bieterverfahren aufgrund offener Fragen in Bezug auf die Umweltgenehmigung.
– Aneel sagt die Versteigerung erneut ab.
– Die Justiz weist den Berufungsantrag wegen angeblicher Verletzung indigener Rechte zurück.

20. April 2010

– Die Justiz hebt die einstweilige Verfügung aufgrund von offener Fragen in Bezug auf die Umweltgenehmigung auf und gestattet die Versteigerung der Konzession.
– Um 13.20 Uhr Ortszeit beginnt die Versteigerung
– Um 13.27 Uhr Ortszeit wird die Versteigerung für beendet erklärt
– Um 13.30 Uhr Ortszeit verbietet einen weitere einstweilige Verfügung die inzwischen beendete Versteigerung, das Ergebnis steht fest, wird jedoch seitens der Energiebehörde Aneel nicht veröffentlicht
– Um 15.45 Uhr wird auch die dritte einstweilige Verfügung zurückgewiesen.
– Gegen 16 Uhr Ortszeit konnte endlich der Gewinner bekannt gegeben werden. Es ist die Gruppe Norte Energia mit einem Preis von 99,97 R$ je MegaWatt.

Foto: Roosewelt Pinheiro/Agência Brasil

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  1. sauerei dieses projekt!!!

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