Rio de Janeiro: Überraschende Festnahme von Drogenboss der Favela Rocinha

nem-traficante

Datum: 10. November 2011
Uhrzeit: 08:14 Uhr
Ressorts: Panorama
Leserecho: 0 Kommentare
Autor: Dietmar Lang
Sprachkurs Portugiesisch (Brasilianisch)

In Rio de Janeiro in Brasilien ist in der Nacht zum Donnerstag einer der meistgesuchten Drogenbosse der Millionenmetropole geschnappt worden. Der unter dem Spitznahmen „Nem“ bekannte Antônio Bonfim Lopes aus der Favela Rocinha wurde kurz nach Mitternacht von der Polizei im Stadtteil Lagoa bei einer Polizeikontrolle festgenommen. „Nem“ hatte sich im Kofferraum ein schwarzen Wagens versteckt und wurde am Ende ohne Widerstand abgeführt.

Laut Polizeibericht wurde das mit zwei Personen besetzte Fahrzeug zunächst im Rahmen einer großangelegten Polizeiaktion an den Zugangspunkten zum Armenviertel gestoppt. Die beiden Männer im Auto sollen sich als Mitarbeiter der Botschaft des afrikanischen Staates Kongo sowie als Anwalt ausgegeben haben und hätten aus diesem Grund das Öffnen des Kofferraums verweigert. Der schwarze Corolla habe jedoch über keine Diplomaten-Kennzeichen verfügt. Die Beamten entschieden daher, sie zur Klärung der Identität zum nächsten Polizeirevier zu eskortieren. Auf dem Weg dorthin stoppte das Auto im angrenzenden Viertel Lagoa.

Dort sollen die beiden Männer versucht haben, die Profis der Spezialeinheit Bope zunächst mit rund 10.000 Euro zu bestechen. Die Beamten lehnten das Angebot allerdings ab und informierten die Bundespolizei. Diese öffnete dann gewaltsam den Kofferraum und nahm den mit insgesamt neun Haftbefehlen gesuchten Drogenboss fest. Laut einem Polizisten soll der Anwalt nach der Festnahme den beteiligten Beamten sogar 1 Million Reais (ca. 450.000 Euro) für die sofortige Freilassung angeboten haben.

Die Sicherheitskräfte von Rio de Janeiro hatte Stunden zuvor angekündigt, ihre Präsenz im Umfeld des Armenviertels massiv zu verstärken, um die Flucht von Mitgliedern der lokalen Drogenmafia in andere Stadtteile zu verhindern. Dabei wurden nicht nur an den Zufahrtsstraßen sondern auch im angrenzenden Regenwald Patrouillen durchgeführt. In Rocinha soll in den kommenden Tagen oder Wochen eine Wache der so genannten “Friedenspolizei” eingerichtet werden, welche die Ordnung in den sozialen Brennpunkten aufrecht erhalten und den Handel mit Drogen unterbinden soll.

„Nem“ selbst hatte zuletzt angekündigt, die Besetzung des Viertels durch die Sicherheitskräfte mit allen Mitteln verhindern zu wollen. Zudem wollte er eine Ausgangssperre verhängen, stieß dabei jedoch auf den Widerstand der Anwohner. Die Polizei war allerdings davon überzeugt, dass der Anführer der Drogenmafia keinesfalls um die Vorherrschaft kämpfen sondern vielmehr in Kürze flüchten wolle. Daher wurden die Kontrollen rund um das Viertel massiv verstärkt. „Nem“ hatte das Viertel bereits 2005 übernommen und seitdem mit eisernen Hand „regiert“.

Mit der kompletten Besetzung des Stadtteils, in dem vermutlich mehr als 150.000 Menschen leben, wird nun für den kommenden Sonntag gerechnet. Ob dabei wie bei der Erstürmung des „Complexo Alemão“ auch die Streitkräfte eingesetzt werden, ist noch unklar. Die Aktion im Norden der Stadt hatte im vergangenen Jahr weltweit für Aufsehen gesorgt, als Panzer in den schmalen Gassen des gigantischen Armenviertels einfuhren.

© 2005 - 2024 brasilien Magazin. Alle Rechte vorbehalten. Sämtliche Inhalte dieser Webseite sind urheberrechtlich geschützt. Vervielfältigung und Verbreitung nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung von IAP gestattet. Namentlich gekennzeichnete Artikel und Leser- berichte geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Für Einsendungen und Rückmeldungen bitte das Kontaktformular verwenden. Bildnachweis: Reproduktion

Kommentarbereich

Hinweis: Dieser Kommentarbereich ist moderiert. Leser haben hier die Möglichkeit, Ihre Meinung zum entsprechenden Artikel abzugeben. Dieser Bereich ist nicht dafür gedacht, andere Personen zu beschimpfen oder zu beleidigen, seiner Wut Ausdruck zu verleihen oder ausschliesslich Links zu Videos, Sozialen Netzwerken und anderen Nachrichtenquellen zu posten. In solchen Fällen behalten wir uns das Recht vor, den Kommentar zu moderieren, zu löschen oder ggf. erst gar nicht zu veröffentlichen.

Für diese News wurde noch kein Kommentar abgegeben!

Bitte anmelden um einen Kommentar zu verfassen.