Staudamm von Belo Monte bedroht laut Experten Lebensgrundlage der Bewohner

Datum: 29. April 2010
Uhrzeit: 09:30 Uhr
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Autor: Dietmar Lang
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Das von der brasilianischen Regierung geplante Wasserkraftwerk am Rio Xingú im Amazonas bedroht laut Experten die gesamten Region auf einer Länge von 100 Kilometern. Besonders die flussabwärts lebenden Indianerstämme sind von der Aufstauung des Nebenflusses des Amazonas im Bundesstaat Pará besonders betroffen. Ihnen drohen nicht nur Krankheiten, vielmehr müssen sie auch mit einem drastischen Rückgang des Fischbestandes, ihrer Hauptnahrungsquelle, rechnen.

Der Rio Xingú unterliegt auf natürliche Weise riesigen Schwankungen beim Wasserstand. Besonders im brasilianischen Sommer, der Trockenzeit sinkt der Pegel auf ein extrem niedriges Niveau, während er in der Regenzeit zu einem reissenden Strom wird. Die Regierung geht daher auch von einer durchschnittlichen Energieproduktion von 4.500 MegaWatt aus. In den Regenzeiten soll die gesamte Kapazität von 11.233 MW genutzt werden, in der Trockenzeit könnte die Produktion unter 1.000 MW fallen.

Für den Biologen Hermes Fonseca de Medeiros, Doktor der Okologie an der Universität von Campinas (Unicamp) und Professor an der staatlichen Universität von Pará (UFPA) wird die Aufstauung des Xingú gerade im Flussabwärts gelegenen Bereich von „Volta Grande“ die Reproduktion der dortigen Fischbestände verhindern und zudem das Risiko der Übertragung von Krankheiten erhöhen. Fonseca hat gemeinsam mit einem 40-köpfigen Team das mehr als 20.000 Seiten umfassende Umweltgutachten analysiert und eine gigantische Bedrohung für die Fauna in den Gewässern des Xingú entdeckt.

„Auf über 100 Kilometer Länge [im Bereich Volta Grande] befinden sich indigene Gebiete, dort leben Fussanwohner. Die Wassermenge wird durch die Staumauer so stark zurückgehen, dass sich die Fische nicht fortpflanzen können. Aber die Menschen dort sind vom Fischfang abhängig, es ist ihre Nahrungsgrundlage. Es wird keinen Rio Xingú bei Volta Grande mehr geben, nur noch ein Rinnsal. Die Anwohner werden dort nicht mit dem Boot fahren können. In den Trockenzeiten wird es dann grosse Tümpel geben, eine ideale Brutstätte für Krankheiten wie Malaria. Die Indianer und Nichtindianer von Volta Grande werden einer Situation gegenüberstehen, die niemand verhindern kann“ erläutert Fonseca seine Schlussfolgerung der Untersuchungen.

Die Biologe kritisiert dabei massiv die seiner Meinung nach fadenscheinige Auflage in der umwelttechnischen Genehmigung, den Wasserstand lediglich beobachten zu müssen. Keinerlei Massnahmen müssten ergriffen werden, um die flussabwärts lebenden Menschen vor dieser Situation zu bewahren.

Fonseca sieht jedoch noch eine weitere Gefahr. Durch die schwankenden Wasserstände könnte die Regierung auf die Idee kommen, den Rio Xingú in den kommenden Jahren auch noch flussaufwärts aufzustauen, um den Wasserpegel am Kraftwerk Belo Monte künstlich zu erhöhen. Dies werde dann der Fall sein, wenn das Megakraftwerk weniger Energie produziere als derzeit angedacht. Auch die Unternehmer und die nach Fertigstellung von Belo Monte mittlerweile erwerbslose Bevölkerung der Region würden seiner Meinung nach dann diesen neuen Staudamm fordern und so entsprechenden Druck auf die Regierung ausüben.

Alle Informationen wurden nach bestem Wissen und Gewissen zusammengetragen. Nachdruck untersagt. Mit Informationen vom Nachrichtenportal G1. Symbolfoto: Altamira / Divulgação

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