Wahl in Paraguay: Die Kandidaten für das Amt des Präsidenten

Datum: 09. April 2008
Uhrzeit: 11:39 Uhr
Ressorts: Südamerika
Leserecho: 0 Kommentare
Autor: Dietmar Lang
Sprachkurs Portugiesisch (Brasilianisch)

In weniger als zwei Wochen wählt Paraguay einen neuen Präsidenten. Insgesamt sieben Kandidaten stellen sich im kleinen Nachbarland Brasiliens mit seinen knapp 6 Millionen Einwohnern zur Wahl: Blanca Ovelar (Nationale Vereinigung der Republikaner), Sergio Estigarribia (Humanistische Partei Paraguays), Fernando Lugo (Patriotische Allianz für den Wechsel), Lino Oviedo (Nationale Union Ethischer Bürger), Pedro Fadul (Partei der geliebten Heimat), Julio Cesar Benitez (Arbeiterpartei) und Horácio Perrone (Bewegung Teta Pyahu).

Allerdings werden nach letzten Meinungsumfragen nur drei Kandidaten auch tatsächliche Chancen auf den Wahlsieg eingeräumt: Fernando Lugo, Blanca Ovelar und Lino Oviedo. Neben dem Präsidenten wählen am 20. April 2008 die Wahlberechtigten zudem 45 Senatoren, 80 Abgeordnete, 18 Parlamentarier für die Wirtschaftsgemeinschaft Mercosur, 17 Gouverneure und 200 Repräsentanten der Regionalparlamente in den Provinzen.

brasilien Magazin stellt die drei aussichtsreichsten Kandidaten auf das Amt des Präsidenten vor:

lugoFernando Lugo – Patriotische Allianz für den Wechsel (APC)

Fernando Armindo Lugo wurde 1951 geboren ist von Beruf Lehrer und hat als Bischof in der Diozöse in einer der ärmsten Regionen des Landes mit der Landlosenberwegung zusammengearbeitet. 2006 trat der „Bischof der Armen“ der Organisation „Bürger-Widerstand“ bei, in der sich verschiedene Oppositionsparteien, Gewerkschaften und zivile Organisationen zusammengeschlossen hatten. Dort wurde er bald Anführer einer Protestbewegung gegen den amtierenden Präsidenten Nicanor Duarte Frutos. Für die Kandidatur in Paraguay legte er sein Amt innerhalb der katholischen Kirche nieder.

Hauptthema des Wahlkamps ist für die Allianz, „einen Staat nach den Interessen der Bürger zu bilden“ sowie „eine wirtschaftliche Entwicklung unter der Beteiligung der Zivilgesellschaft, , des Staates und des Privatsektors anzustossen“. Zudem will Luga die Verträge der zwei binationalen Wasserkraftwerke Itaipu (Brasilien) und Yacyretá (Argentinien) neu aushandeln.

Priorität hat zudem die Erhöhung der Exporte und Vergrösserung des Angebotes auf dem Markt. Zudem sollen die sozialen Rechte ausgeweitet werden, wie öffentliche Bildung mit Zugang zu Hochschulen. Aber auch das Gesundheitssystem soll Änderungen erfahren, Arbeitsämter sollen eingerichtet, eine Agrarreform initiert und Aktionen zur Verbesserung der Lebensbedingungen der indigenen Bevölkerung angestossen werden.

blanca ovelarBlanca Ovelar – Nationale Vereinigung der Republikaner (ANR)

Die ANR ist hautpsächlich unter dem Namen „Partido Colorado“ bekannt und mittlerweile seit 60 Jahren in Paraguay an der Macht. Blanca Ovelar wurde 1957 geboren und ist die erste Frau, die jemals als Präsidentin für Paraguay kandidiert. Die ehemalige Bildungsministerin unter der Regierung Nicanor ist von Beruf Lehrerin und Psychologin.

Den Wahlkampf führt sie hauptsächlich mit Themen zur Bekämpfung der Armut, der wirtschaftlichen Stagnation und der Ignoranz. Wie Lugo will auch sie die Verträge zur Energielieferung der beiden Wasserkraftwerke neu aushandeln. Die Kandidaten verspricht zudem Arbeitsplätze, Förderung der Industrie, Ausbau des Tourismus und Hilfe im ländlichen Bereich.

Im Bildungsbereich will Ovelar gleiche Bedingungen für jedermann garantieren. Zudem sollen die Bürger Anspruch auf eine kostenlose medizinische Behandlung rund um die Uhr erhalten und arme Familien kostenlos Wasser und Strom erhalten. Auch eine Grundversorgung mit Nahrungsmitteln, Verteilung von Landflächen und die Respektierung der Kultur der indigenen Völker des Landes sind Themen ihrer Kampagne.

lino oviedoLino Oviedo – Nationale Union Ethischer Bürger (Unace)

Lino César Oviedo wurde 1943 geboren und war viele Jahre lang General und Oberbefehlshaber der paraguayischen Streitkräfte. 1996 wurde er wegen der Beteiligung an einem Putschversuch an Präsident Wasmosy angeklagt und inhaftiert. Allerdings wurde er nach mehreren Monaten wieder freigelassen und kandidierte 1997 für das Amt des Präsidenten. Während des Wahlkampfs wurde er erneut festgenommen und von einem Militärgericht zu 10 Jahren Haft verurteilt. Der später gewählte Präsident, Raúl Cubas liess den General mit Aussicht auf das Amt des Vize-Präsidenten dann wieder frei. Oviedo ging jedoch ins Exil, zuerst nach Argentinien, später nach Brasilien. 2004 kehrte er nach Paraguay zurück und stand seitdem unter Hausarrest in einer Kaserne. 2007 wurde er erneut freigelassen um abermals für das Präsidentenamt zu kandidieren. Bis heute streitet er jegliche Beteiligung an dem Putschversuch ab.

Um die Wirtschaft in der Region zu stärken, will Oviedo als Präsident eine Wasserverbindung zwischen Atlantik und Pazifik errichten, die durch Brasilien, Paraguay, Bolivien, Chile und Argentinien verlaufen soll. Zudem will der Ex-General zukünftig verstärkt den bislang fast menschenleeren Chaco besiedeln, welcher fast die Hälfte des paraguayischen Territoriums umfasst. Dort soll massiv in die Agrarwirtschaft investiert werden. Auch ein dauerhaftes Ausstellungszentrum des Mercosul und ein Tourismuskomplex am Dreiländereck mit Argentinien und Brasilien soll nach einer gewonnenen Wahl errichtet werden.

© 2005 - 2024 brasilien Magazin. Alle Rechte vorbehalten. Sämtliche Inhalte dieser Webseite sind urheberrechtlich geschützt. Vervielfältigung und Verbreitung nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung von IAP gestattet. Namentlich gekennzeichnete Artikel und Leser- berichte geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Für Einsendungen und Rückmeldungen bitte das Kontaktformular verwenden.

Kommentarbereich

Hinweis: Dieser Kommentarbereich ist moderiert. Leser haben hier die Möglichkeit, Ihre Meinung zum entsprechenden Artikel abzugeben. Dieser Bereich ist nicht dafür gedacht, andere Personen zu beschimpfen oder zu beleidigen, seiner Wut Ausdruck zu verleihen oder ausschliesslich Links zu Videos, Sozialen Netzwerken und anderen Nachrichtenquellen zu posten. In solchen Fällen behalten wir uns das Recht vor, den Kommentar zu moderieren, zu löschen oder ggf. erst gar nicht zu veröffentlichen.